Repression gegen die arabischen Revolten

Panzer am Golf

Die Repression gegen die arabische Revolte wird härter, doch sie wird die Bewegung nicht stoppen.

Für Pakistanis, die zwischen 20 und 25 Jahre alt und größer als 1,80 Meter sind, hat der König von Bahrain einen Job. Der Monarch sucht Security Guards, Kenntnisse der arabischen Sprache werden in der Stellenanzeige, die Anfang März in pakistanischen Zeitungen veröffentlicht wurde, nicht verlangt. Wer als Anti Riot Instructor arbeiten möchte, muss eine Tätigkeit bei einer Eliteeinheit der Polizei nachweisen, darf aber älter und ein paar Zentimeter kleiner sein.
Die Stellenanzeige bestätigt die Behauptung der Opposition Bahrains, dass die Regierung Söldner anwirbt. Bedrohlicher für die Demokratiebewegung ist derzeit jedoch der Einmarsch von Truppen des Gulf Cooperation Council (GCC), eines Bündnisses der Monarchen am Persischen Golf. Am Sonntag, einen Tag vor dem Einmarsch, sprach der GCC-Generalsekretär Abdulrahman bin Hamad al-Attiyah von der »Solidarität mit der Führung und Bevölkerung Bahrains im Einklang mit dem Prinzip des gemeinsamen Schicksals, das die Mitgliedsstaaten verbindet«.
Wenn ein Monarch stürzt, stürzen alle, deshalb darf es keine Demokratie in Bahrain geben – so darf man Attiyas Aussage wohl übersetzen. Nach offiziellen Angaben sollen die GCC-Truppen nur »lebenswichtige Einrichtungen« schützen, zu denen neben den Ölanlagen vor allem die Finanzinstitute zählen. Am Sonntag hatte sich die Polizei nach mehrstündigen Auseinandersetzungen mit Demonstranten aus dem Bankenviertel der Hauptstadt Manama zurückziehen müssen.
Das größte Truppenkontingent von 1 000 Soldaten stellt Saudi-Arabien. Am Freitag voriger Woche, dem ersten dort angekündigten Protesttag, blieb es weitgehend ruhig, doch das große Polizeiaufgebot bewies, wie nervös man im Königshaus ist. In Oman gab es bereits heftige Proteste, Sultan Qabus bin Said will nun einem zum Teil gewählten Rat einige legislative Vollmachten übertragen. Wie andere Monarchen der Region versprach er der Bevölkerung finanzielle Zuwendungen. Doch die Demokratiebewegung will sich auch in den Golfmonarchien weder kaufen noch mit dürftigen Zugeständnissen abspeisen lassen.
Der GCC bereitet sich auf die militärische Niederschlagung von Aufständen in den Mitgliedsstaaten vor. Die Monarchen wissen um die Bedeutung ihres Öl- und Finanzsektors für die Weltwirtschaft und rechnen offenbar nicht mit ernsthaften Gegenmaßnahmen der »internationalen Gemeinschaft«. Vermutlich zu Recht, die westlichen Regierungen drängen nicht einmal auf grundlegende Reformen. Die Protestierenden müssen davon ausgehen, dass sie alleinstehen.
Auf die erste Phase der Euphorie über die arabische Revolte folgt nun die Ernüchterung. Zwar waren die Revolutionen in Tunesien und Ägypten kein Spaziergang, doch eine militärische Auseinandersetzung blieb aus, anders als in Libyen. Nun wird die Repression auch in anderen Staaten härter, der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat immer weniger Bedenken, auf Protestierende schießen zu lassen, mehr als 30 Menschen wurden getötet. »Alle Seiten müssen Ruhe und Zurückhaltung wahren«, kommentierte Catherine Ashton, die Außenbeauftragte der EU. »Glauben Sie, dass alle diese Leute jetzt einfach nach Hause gehen werden?« fragte hingegen der jemenitische Student Anwar Kabuti bei der bislang größten Demonstration in der Hauptstadt Sanaa den Reportern der Los Angeles Times.
In nicht einmal drei Monaten hat die arabische Demokratiebewegung zwei Präsidenten gestürzt, weite Gebiete Libyens befreit und mehrere Herrscher in Bedrängnis gebracht. Von A wie Angola bis Z wie Zimbabwe reicht die Liste der Länder, in denen Autokraten und Diktatoren nun in Sorge sind, und westliche Politiker, die sich mit den Despoten bestens verstanden haben, müssen improvisieren. Selten zuvor in der Geschichte ist so schnell so viel geschehen, und es wäre zu viel verlangt von einer Bewegung, die bislang keine ernstzunehmende Unterstützung erhalten hat, dass sie weiter ein solches Tempo vorlegen soll. Doch auch wenn es Rückschläge geben wird, einen Weg zurück gibt es nicht. Denn anders als bei den spontanen »Brotaufständen« der siebziger und achtziger Jahre ist nun eine politisch bewusste Bewegung aktiv geworden. Es ist eine neue Generation herangewachsen, die sich nicht mehr mit den alten Verhältnissen abfindet.