Aufstand der Knutbürger

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Knut-Mörder muss weg, Knut-Mörder muss weg!«, »Den Blaszkiewitz sollte man ausstopfen!«, »Verrecken soll er!«: Die Meute tobte. Vor dem Berliner Zoologischen Garten herrschte eine Stimmung wie kurz vor einem Pogrom. Ein knapp 100köpfiger aggressiver Lynchmob, bestehend aus debilen Wilmersdorfer Witwen und Witwern und einigen armleuchternden Tierschützern, wollte am Samstag am liebsten dem Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz das Fell über die Ohren ziehen. Es ging tatsächlich um ein Fell, allerdings um das des kürzlich an einer Virusinfektion verstorbenen Eisbären Knut. Denn Knut soll ausgestopft und im Naturkundemuseum ausgestellt werden. »Geschäftemacherei!« kritisieren die vermeintlichen Tierschützer. »Unwürdig!« klagen die Knut-Fans. »Herr Blaszkiewitz – Sie sind ein Witz – Stopfen Sie Ihr Herz und Hirn aus«, war auf dem Plakat einer Dame zu lesen, die zur Kundgebung gegen die Präparation des Eisbärenkadavers erschienen war. »Lasst Knut in Ruh!« forderte eine andere, man solle dem armen Knut doch seine Würde lassen, ihn beerdigen. Er solle in den Himmel kommen dürfen, sagte eine junge Frau, Menschen stopfe man doch auch nicht aus. Eine ältere, derb geschminkte Dame mit Strassgoldkettchen ereiferte sich über 2 000 Jahre Mordgeschichte der Christen und Freimaurer und wusste aus zuverlässiger Quelle, dass der Zoo-Direktor mit dem Papst in einer Loge sei. Eine andere Dame enthüllte vor den TV-Mikrofonen, sie habe mit eigenen Augen gesehen, wie Knut umgebracht worden sei: Ein Wärter habe ihm ein gefrorenes Stück Fleisch an den Kopf geworfen. Auch sein verstorbener Pfleger, »der gute Herr Dörflein«, sei ein Opfer der Geschäftemacherei des Zoo-Direktors, wetterte ein dicker, etwa 50jähriger Mann mit mehreren Plüscheisbär-Merchandising-Ansteckern. Ein Passant, der erklärte, er sei für das Ausstopfen, geriet ernsthaft in Bedrängnis. Aufgerufen zu der Demonstration hatte Maja Synke Prinzessin von Hohenzollern. Gegen Abend beruhigte sich die Lage, die Polizei zog ihre Kräfte ab.