Wenn es zwischen Follower und Leader »Klick« macht
Popmusik ist ohne den Tanz überhaupt nicht denkbar. Seit es Tango und Charlston gibt, ist populäre Musik fast ausschließlich Tanzmusik. Ob Disco, HipHop oder Techno, die Musik und der Tanz sind oft gleichbedeutend. Als Mitte der vierziger Jahre der Jazz zur Kunst von Dizzy Gillespie und die Popmusik zum Schmalz von Guy Lombardo tendierten, brachte der einfach gestrickte Rock’n’Roll den Tanz zurück in die populäre Musik. Aber erst die dazugehörigen Bewegungen, der Hüftschwung von Elvis und die »Air Steps« des Lindy Hop machten die Musik lebendig und verständlich. Wenn man regungslos dasitzt, geht die Energie dieser Musik an einem vorbei. Jeder Tanz macht die in der Musik vorhandenen Emotionen spürbar und für andere sichtbar. Kein Pop- oder Rockkonzert funktioniert ohne ein tanzendes Publikum, und das Musikvideo setzt die Bewegung, den Tanz und die Tänzer aufwendig in Szene. Warum wird dennoch, wenn es um Popmusik geht, so selten über das Tanzen gesprochen?
Mitte der sechziger Jahre wurde der Paartanz von individualisierten Tanzstilen abgelöst. Seitdem wird zwar nach wie vor viel getanzt, aber es gibt kein Maß mehr, um zu beurteilen, wie gut jemand tanzt. Wir sind gefangen in der Freiheit, uns so gut oder schlecht zu bewegen, wie es uns gefällt. Wortreich diskutieren wir über Musiker, Bands und über Musik, die uns begeistert, während unsere Möglichkeit, diese Leidenschaft mit dem eigenen Körper auszudrücken, immer mehr verkümmert, ja, noch nicht mal der Rede wert zu sein scheint.
Die Jugend der sechziger Jahre suchte im Tanz eine Freiheit, die die krampfigen Tanzschulmanierismen der Vergangenheit nicht bieten konnten. Selbst der Rock’n’Roll setzt immerhin ein gewisses Können voraus. Seit ich Lindy Hop tanze, ist mir die Vielschichtigkeit der Musik bewusster geworden. Die Krampfigkeit allerdings auch. Die Geschlechterrollen haben sich seit den vierziger Jahren erheblich verändert, und so müssen sich Follower und Leader, wie die Tanzpartner heute geschlechtsneutral genannt werden, erst wieder mühsam an ihre neuen Rollen im Paartanz herantasten. Gleichzeitig liegt aber auch viel Intimität, Rücksichtnahme und gegenseitige Anerkennung im Paartanz. Wenn es dann gemeinsam »Klick« macht, ist es das Größte.
Diese Tanzplatte, die ich in Ljubljana gekauft habe, erschien beim staatlichen jugoslawischen Plattenlabel Radio-Televizija Beograd. Jay Apae war ein neuseeländischer Maori, der mit »The Creep« 1966 einen seiner letzten internationalen Hits hatte. Die Tanzanleitungen zu diesen langsam »kriechenden« Songs sind praktischerweise auf der Rückseite abgebildet.