Süßer als Debbie Harry

Auch wer rückwärts geht, bewegt sich. Dass er dabei nicht vorwärts kommt, liegt in der Natur der Sache. Das wäre eine Sichtweise. Eine andere formulierte kürzlich Homer Simpson: »Man sagt, die Elektronen sind die Protonen von heute.« Wir können uns noch so sehr über den grassierenden Virus der Retro-Pop-Pandemie ärgern, ihm gehört die Gegenwart und vermutlich auch die Zukunft. Womit wir bei »Only in Dreams«, dem zweiten Album der Dum Dum Girls, wären. Mehr retro geht nicht.
Der Bandname der Kalifornierinnen ist eine Hommage an das Album »Dum Dum« der Vaselines von 1989. Ohne extrem gestylte Sixties-Pony-Frisur verlassen die vier Frauen gar nicht erst das Haus. Dass sie die Songs der frühen Mädchenpopband The Shangri-Las lieben, merkt man den Stücken an. Die melodieführende Gitarre und das satte, gleichwohl Beine machende Schlagzeug erinnern an Garagen-Soul. Sängerin Kristin Gundred klingt mit ihrer glasklar produzierten Bubblegum-Pop-Stimme wie eine Wiedergängerin der jungen Debbie Harry.
Das ist alles irgendwie recht hübsch, zumindest stört es einen nicht beim Staubsaugen. Gleichwohl fehlt etwas Entscheidendes: Abwechslung und Tiefe nämlich. Die allesamt hemden­glatt gebügelten Songs bewegen einen nur äußerst oberflächlich, wenn überhaupt, und unterscheiden sich nur wenig voneinander. Niedlich, klebrig, Marshmallow? Ach, vielleicht ist es einfach Musik für den inneren Li-La-Laune­bären. Dem geht’s im Herbst ja meistens nicht so gut.

Dum Dum Girls: Only In Dreams (Sub Pop/Cargo)