Demokratie? Wer braucht das schon?

Müssen CDU, CSU und FDP verboten werden? Zu den Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung zählt das Bundesverfassungsgericht unter anderem »die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung (…) und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition«. Davon hält Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nicht viel: »Wir brauchen bei der Umsetzung des Reformkurses mehr Führung und Überwachung. Wenn dies den Griechen nicht selbst gelingt, müssen Führung und Überwachung stärker von außen kommen, zum Beispiel durch die EU.« Die Idee, ein Sparkommissar müsse ohne Rücksicht auf Volkssouveränität und Gewaltenteilung über das griechische Budget befinden, stammt aus einem auf dem CDU-Parteitag im November vorigen Jahres verabschiedeten Papier zur EU-Politik. Auch der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt meint: »Die griechische Finanzhoheit muss für die kommende Zeit unter die Kontrolle von EU und IWF gestellt werden.« Was er vom Recht auf verfassungsmäßige Ausübung einer Opposition hält, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): »Natürlich müssen alle griechischen Parteien den Maßnahmen und einem neuen Programm zustimmen, unabhängig vom Ausgang der Wahlen, die in Griechenland anstehen.«
Abwiegler mögen einwenden, dass es auch Gemäßigte in diesen Parteien gibt. Doch setzen diese sich für die Prinzipien der Demokratie ein? Nein, es gibt nur taktische Einwände. »Sehr unglücklich über den Ton«, nicht etwa den Inhalt der Debatte ist Außenminister Guido Westerwelle (FDP), und das wohl auch nur, weil Rösler nun lauter krakeelt als er. Markus Ferber (CSU), Abgeordneter im Europäischen Parlament, warnt: »Berlin sollte mit seinen Vorschlägen vorsichtig sein.« Ähnlich äußert sich Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Ich glaube, dass wir eine Diskussion führen, die wir nicht führen sollten.« Geheimhaltung wird angemahnt, denn bereits als FDJ-Funktionärin dürfte Merkel gelernt haben, wie wichtig es ist, zeitweilige Bündnispartner (damals »nützlichen Idioten« genannt) über die wahren Ziele im Unklaren zu lassen. Es geht ja nur um Griechenland? Falsch, denn Merkel glaubt, man habe es in der Euro-Krise »immer mehr mit einer europäischen Innenpolitik zu tun«. Überdies wird betont, es handele sich nicht um eine »Lex Griechenland«, sonden um eine Regel für alle, die Geld brauchen und dennoch nicht alles tun, was Merkel will. Gegen den Nachtragshaushalt der rot-grünen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gingen CDU und FDP noch juristisch vor. Aber wird es dabei bleiben? Ein Parteienverbot sollte nur das letzte Mittel sein, wünschenswert wäre jedoch ein Aussteigerprogramm, und der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ist angesichts der offenbar konspirativen Debatten zwingend geboten.