HipHop is not dead

Mark Greif auf allen Kanälen. Der jüdische New Yorker Intellektuelle und Essayist wird gerade überall herumgereicht als Zeitgeist-Analytiker und »Occupy«-Vordenker, der nebenbei belegt, wie fragwürdig die Theorie ist, »Occupy« habe ernsthaft irgendetwas mit Antisemitismus zu tun. Suhrkamp, der deutsche Verlag des Autors, kommt kaum noch mit dem Übersetzen seiner Texte hinterher und nutzt den Hype, um seine neue Reihe zu testen: die Edition Suhrkamp Digital. In diesem Format ist nun der Essay »Rappen lernen« erschienen, der wie eine Single-Auskopplung aus dem ebenfalls gerade erschienen Band »Bluescreen« wirkt.
»Rappen lernen« ist ein typischer Greif-Essay: smart und persönlich. Schnell steuert der Autor auf einen Aha-Effekt zu. Greif fragt, warum er, der aus der Mittelschicht kommende Weiße Mitte 30, sich damals, als er mit Pop sozialisiert wurde, für Post-Punk als Identitätsmarker und gegen HipHop entschieden hat. Aus heutiger Sicht betrachtet er die damalige mit Hingabe getroffene Entscheidung als historischen Irrtum. Er entschied sich für politisch korrekten Hardcore, der eine Art Gegenkapitalismus mit eigenen Label- und Vertriebsstrukturen entwickelte, was heutzutage nur noch lächerlich wirkt. Weil er HipHop einfach nicht kapiert hatte. Nun bereut Greif das. Er versucht, selbst zu rappen, und stellt fest, wie kompliziert dieses Genre ist und wie geschickt mit Reimen jongliert wird. Mit Worten das Amerika der Prä-Obama-Ära zu attackieren, hat Post-Punk nicht ansatzweise hinbekommen.

Mark Greif: Rappen lernen. Edition Suhrkamp Digital, Berlin 2012, 59 S. 4,99 Euro