Deutschland sucht das Superkind

Lange hat man nichts mehr von Marco Wanderwitz gehört. Nun, hin und wieder hörte man schon etwas von ihm, denn der Abgeordnete und Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verfügt offenbar über gute Kontakte zur Bild-Zeitung. Empört krisierte Wanderwitz, der bei Bild als Medien­experte geführt wird, die Musikauswahl öffentlich-rechtlicher Radiosender: »Sie müssen auch die DSDS-Songs spielen!« Doch das trug ebenso wenig dazu bei, ihn zum Superstar der deutschen Politik zu machen, wie sein Einsatz für einen bedrängten Minister. »Karl-Theodor in seinen schwersten Stunden zusätzlichen Druck gemacht« zu haben, sei nicht nett gewesen, schrieb er dem Bundestagspräsidenten Nordert Lammert in einem Brief, der den Weg in die Bild-Redaktion fand. Also besann sich Wanderwitz auf seinen wichtigsten Auftrag, nämlich »für die Rechte der Jüngeren und der künftigen Generationen« einzutreten. Und siehe da, schon wird seine Existenz wieder zur Kenntnis genommen.
Über 25jährige sollen ab 2013 eine Abgabe für eine »solidarische Demographie-Rücklage« zahlen, und zwar nach der Kinderzahl gestaffelt. Bei Kinderlosigkeit wird die volle Abgabe fällig, wer ein Kind hat, zahlt die Hälfte, bei zwei oder mehr Kindern wird kein Beitrag erhoben. Kanzlerin Angela Merkel nahm den Vorschlag angeblich mit Wohlgefallen zur Kenntnis. Ebenso der Welt-Kommentator Robin Alexander, den es freut, dass man »die Wähler in die Pflicht« nehmen will. Ficken, ficken, ficken – und immer an Deutschland denken. Aber halt! Haben wir denn von Thilo Sarrazin gar nichts gelernt? Man kann die Menschen doch nicht einfach dafür belohnen, dass sie Kinder in die Welt setzen. Schließlich sprechen wir hier nicht mal so zum Spaß vom Trappeln kleiner Füße und von glänzenden Kinderaugen, wir beschäftigen uns »vor allem mit der Frage, wie man den Herausforderungen einer stark alternden Gesellschaft begegnen kann«. Was hilft uns eine »kapitalgedeckte Demographie-Reserve«, wenn nichtsnutzige Blagen sie verprassen? Kinder kriegt auch der Inder, Deutschland braucht nachhaltigen Nachwuchs. Wohlerzogene Leistungsträger sollte man schon vorweisen können, wenn man eine Abgabenentlastung in Anspruch nehmen will. Es muss also eine Produkthaftung eingeführt werden. Wer ein Auto herstellt, bei dem die Bremsen nicht funktionieren, muss den Käufer ja auch entschädigen. Wenn der Nachwuchs Arbeitslosengeld beantragt, sollte also eine Geldstrafe für die Eltern fällig werden. Da es um die Zukunft Deutschlands geht, darf man sich vom Gejammer der Gutmenschen nicht beeindrucken lassen. Nichts zu danken, Herr Wanderwitz, wir Tabubrecher müssen zusammenhalten. Oder war Ihre Inspiration vielleicht doch nur jener Song, den Sie im öffentlich-rechtlichen Radio nicht hören durften? »Say my name, say it loud … «