»Untragbare Zustände«

Wer kennt sie nicht: die unbeirrbaren Spaziergänger, die ihre Freunde selbst bei klirrender Kälte an die frische Luft zerren wollen. Doch es regt sich Widerstand! Seit kurzem gibt es die »Militante Stubenhockerfraktion« (MSF). In ihrem Manifest fordert sie: »Lasst uns in Ruhe. Geht draußen spielen, aber tut es leise. Vielleicht möchten wir gerade ein wenig schlafen.« Maximilian Buddenbohm, der Gründer der MSF, gibt Auskunft über die Organisation.

Wann waren Sie das letzte Mal für einen Spaziergang an der frischen Luft?
Es gibt in Hamburg leider immer noch nicht in jedem Wohnblock eine Kita, daher muss ich jeden Tag vor die Tür, um die Kinder hin- und zurückzubringen. Untragbare Zustände eigentlich.
Wie erklären Sie sich den seltsamen Drang ins Freie?
Das ist eine Unart, die wahrscheinlich ursprünglich von Menschen propagiert wurde, die beruflich täglich draußen sein mussten. Durchgefrorene Briefzusteller werden irgendwann ihre roten Frostbäckchen als gesund dargestellt haben, edelblasse Sofasitzer werden es geglaubt haben. So oder so ähnlich fing es an. Dann die jahrelangen Kampagnen von Jack Wolfskin und ähnlichen Marken! Dem wurde eindeutig nicht genug entgegengesetzt.
Wie steht’s mit dem Rückhalt der MSF in der Bevölkerung?
Wenn ich nach den Zugriffszahlen auf den Blogartikel und den Verlinkungen auf Twitter und Facebook gehe, ist der Rückhalt tatsächlich unfassbar groß, das würde schon glatt zur Parteigründung reichen.
Machen Sie Ernst mit der Militanz, die die MSF im Namen trägt?
Bisher beschränken wir uns auf offensive Ignoranz und hoffen, nicht deutlicher werden zu müssen. Die betont fröhlichen Aufforderungen zur Beteiligung an Winterspaziergängen, sogenannten Eisvergnügen und Schneeballschlachten gingen auch schon deutlich zurück. Im Moment kommt uns auch das Nebel-, Tau- und Schmuddelwetter sehr entgegen.
Darf man auch bei sommerlichen Höchsttemperaturen eine Intervention der MSF erwarten?
Zu viel Sonne ist ja gar nicht gesund. Man kann bei Sonne auch draußen schlecht lesen, immer blendet es auf dem Display, es weht Sand vom Strand in die Buchseiten, man wird von Ameisen überkrabbelt oder von Joggern umgerannt – schön ist das alles nicht. Und bis es Sommer ist, muss man erst durch eine Zeit maximaler Pollenbelastung, die man am besten so verbringt, dass man wenig davon aufnimmt, auch dann, wenn man noch gar nicht allergisch ist. Sicher ist sicher.