»Sechs Wochen einsitzen«

In Berlin soll härter gegen Schulschwänzer vorgegangen werden (Small Talk 11/12). In Sachsen-Anhalt haben sie es jetzt schon hart. Jährlich verbüßen dort zwischen 400 und 500 Schulschwänzer einen Jugendarrest in der Haftanstalt »Roter Ochse« in Halle. Die Landtagsabgeordnete Eva von Angern (Linkspartei) setzt sich für eine Änderung des Schulgesetzes ein und hat mit der Jungle World über einsitzende Schwänzer gesprochen.

Verbüßen zurzeit Jugendliche wegen Schulschwänzens Arrest oder wird er eher in den Ferien abgeleistet?
In den Sommerferien ist drei Wochen lang Schließzeit in der Jugendarrestanstalt. Da besteht also gar nicht die Möglichkeit. Das restliche Jahr über sitzen durchweg Jugendliche ein. Manche derjenigen, die wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem Schulgesetz im Arrest sind, sind gar nicht mehr schulpflichtig, was auch Teil des Problems ist, abgesehen davon, dass ich grundsätzlich nichts davon halte, Schulschwänzer in Arrest zu schicken. Die Verfahren ziehen sich hin. Nach Angaben der Landesregierung dauert es zwischen einem Jahr und drei Jahren nach dem Schwänzen, bis es zum Arrest kommt. Das ist nicht gerade zeitnah.
Kommt es denn vor, dass Schüler einsitzen und noch mehr Unterricht verpassen?
Ja. Aber es wird in der Regel durchaus darauf geachtet, dass Schüler in den Ferien oder an Wochenenden den Arrest verbüßen.
Wie lange dauert ein Arrest wegen Schwänzens?
Länger als ein Jugendarrest in der Regel dauert. Es gibt laut Jugendgerichtsgesetz den sogenannten Dauerarrest von vier Wochen. Nach dem Schulgesetz dauert der Arrest zwischen einem Tag und einer Woche. Wenn aber mehrere Fälle des Schwänzens vorliegen, was nicht selten vorkommt, dann kann ein Jugendlicher schon mal fünf oder sechs Wochen einsitzen.
Holen die Jugendlichen im Arrest Unterricht nach?
Nein. Es findet keine Aufarbeitung und schon gar keine Schulbildung statt. In der Anstalt gibt es nur die Vollzugsbediensteten und eine Sozialarbeiterin, die 20 Wochenstunden vor Ort ist. Die Räumlichkeiten kann man sich wie eine hässliche, heruntergekommene Jugendherberge vorstellen. Es gibt Räume mit Stockbetten und einen Gemeinschaftsraum mit einigen Büchern und Spielen. In dem Gefängniskomplex ist das ein Trakt, der mehrere Etagen hat.
Wie stehen die Aussichten, dass das Gesetz geändert wird?
Die Justizministerin und der Bildungsminister haben sich meiner Initiative angeschlossen und wollen nun prüfen, was rechtlich machbar ist. Es leuchtet ja auch ein: Die Justiz kann nicht die Probleme in Familien und Schulen lösen.