Die drei Kinder Israels

Berlin Beatet Bestes. Folge 144. Glen Mason: »Shadrack« (1961).

And he told everybody: When you hear the music of the cornet/And he told everybody:/ When you hear the music of the clarinet/And he told everybody: When you hear the music of the horn/You must fall down and worship the idol!/Shadrack, Meshach, Abednego!/But the children of Israel would not bow down!

Die Kinder Israels unterwarfen sich nicht. Auf diese auch heute noch aktuelle Refrainzeile läuft der Gospelstandard »Shadrack« hinaus. Ich kenne keinen anderen Popsong, der, wenn auch nur als Metapher, derart eindringlich und optimistisch die Unbeugsamkeit und den Mut der » Kinder Israels« beschwört. Der Song wurde in den dreißiger Jahren von Robert MacGimsey geschrieben, einem weißen Komponisten, der im afroamerikanischen Idiom schrieb. Als Vorlage diente ihm eine Geschichte aus dem Buch Daniel im Tanach, den alten Schriften des Judentums, die er in dem Lied nacherzählt. Die drei jungen Juden Schadrach, Meshach und Abednego wollen der von Nebukadnezar, dem König Babylons, errichteten goldenen Statue nicht huldigen. Weil sie ihrem Glauben nicht abschwören, lässt Nebukadnezar sie gefesselt in einen glühend heißen Ofen werfen. Auf wundersame Weise befreit ein Engel sie von ihren Fesseln, und als Nebukadnezar sieht, dass die drei sich in dem Ofen unverletzt frei bewegen, lässt er sie herauskommen und erkennt die Macht ihres Gottes an. Auf Youtube findet sich eine sehr lustige Version der schwarzen Vokalgruppe The Deep River Boys aus den vierziger Jahren, die, in antiken Kostümen und mit starkem schwarzen Jive-Talk singend, die Geschichte nachspielt. Die als Gospelgruppe gegründete Formation sprang in den fünfziger Jahren auf den Doo-Wop-Zug auf. Bezeichnenderweise war »Shadrack« später bei Doo-Wop-Gruppen wie den Larks, Wanderers und den Ames Brothers beliebt, aber auch Kay Star, Louis Prima und Benny Goodman nahmen Swingversionen des Stücks auf. Louis Armstrong spielte das Lied in seiner Karriere gleich mehrfach ein, sowohl als Gospel- wie auch als Jazznummer. Überhaupt ist es auffällig, wie sehr die verschiedenen Gospel-, Doo-Wop-, Soul- und Rock’n’Roll-Versionen von »Shadrack«, trotz des alttestamentarischen Themas, swingen. Eine fetzige Jazzversion gibt es auch von Gitte Haenning, die sie live 1976 im deutschen Fernsehen darbot, mit Dauerwelle und im wallenden Siebzigerjahrefummel, während im Hintergrund Rex Gildo saß. Die erfolgreichste Version nahm allerdings der Rhythm & Blues-Sänger Brook Benton auf, der damit im Februar 1962 auf Platz 19 der US-Billboard Charts kam.
Vorige Woche fand ich in einem Kreuzberger Trödelladen die Aufnahme des schottischen Sängers Glen Mason. Mir ist sie von allen die liebste Version, weil sie so arrangiert ist, dass sie sich von anfangs nur spärlich eingesetztem Schlagzeug, Bass und Gesang immer mehr verdichtet, bis am Schluss die ganze Bigband swingt: »But the children of Israel would not bow down!«