Proteste der Bergarbeiter in Peru

Der Bischof soll es richten

In Peru gehen die Proteste gegen das Goldminenprojekt Conga weiter. Nachdem ­peruanische Sicherheitskräfte mehrere Demonstranten erschossen haben, will die Regierung nun, dass die Kirche in dem Konflikt vermittelt.

Wie ernst es den Bäuerinnen und Bauern in Bambamarca mit ihrem Protest gegen das Bergbauprojekt Conga (Jungle World 50/11) ist, zeigte sich am Mittwoch vergangener Woche. Zum dritten Mal in acht Monaten hat die peruanische Regierung den Notstand in einer Landesregion aus­gerufen. Trotz des Ausnahmezustands, den die Zentralregierung am 4. Juli verhängt hatte, lief eine Gruppe Demonstrierender durch den Ort, diesmal von den Sicherheitskräften unbehelligt. Es herrschte eine trügerische Ruhe. Zuvor waren die Sicherheitskräfte immer wieder mit Gewalt gegen Protestierende vorgegangen, die Situation in den Provinzen rund um die peruanische Stadt Cajamarca ist angespannt.
Zuletzt hatten Polizei und Armee am 3. Juli Schusswaffen gegen Demonstrierende in der Provinzstadt Celendín eingesetzt. Vier Menschen, darunter zwei Arbeiter und ein 17jähriger Student, wurden erschossen, als sie vor dem Rathaus gegen das Bergbauprojekt protestierten. Ein weiterer Demonstrant erlag am Folgetag im Krankenhaus seinen Schussverletzungen. Einen Tag später wurde eine weitere Person von der Armee erschossen. Das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte, die auch zahlreiche Protestierende verprügelten, hat dazu geführt, dass die Fronten zwischen Protestierenden und der Regierung verhärtet sind. Auch der ehemalige Pfarrer und bekannte Umweltaktivist Marco Arana wurde verprügelt. Es kursieren zahlreiche Fotos und Videos, die die Polizeigewalt belegen. Das Vorgehen der Polizei brachte der Regierung daraufhin sogar internationale Kritik ein.

Präsident Ollanta Humala ist Befürworter des Bergbauprojekts, da es Investitionen in Höhe von rund 3,8 Milliarden Euro einbringen soll. Yanacocha, die größte Goldmine Lateinamerikas, soll dabei erweitert werden. Humala hofft auf einen Kompromiss, der Bergbau und Landwirtschaft gleichzeitig ermöglichen soll. Doch daran glaubt die lokale Bevölkerung nicht. Aufgrund der wachsenden Kritik bat die Regierung nun Monseñor Miguel Cabrejos, den Bischof von Trujillo, um Vermittlung.
Zum Auftakt verschaffte sich der Bischof erst einmal Respekt bei den Bergbaugegnern, er kritisierte die Regierung stark für ihr Vorgehen. Das brutale Eingreifen der Polizei und die Festnahme des Umweltaktivisten Arana seien »besorgnis­erregend und schmerzhaft«, meint Cabrejos. Das sei ein diktatorisches Vorgehen, das sich nicht wiederholen dürfe. Gleich nach seiner Ankunft in Cajamarca setzte der Bischof sich mit einem Mann zusammen, mit dem die Regierung Humalas seit Monaten keinen Kontakt mehr hatte: mit Gregorio Santos, dem Regionalpräsidenten der Region Cajamarca. Er gilt als entschiedener Gegner des Bergbauprojekts. Die Zentralregierung hatte ihm vorgeworfen, Gelder veruntreut zu haben, um die Proteste zu schüren. Bereits im Mai, etliche Wochen vor dem erneuten Ausbruch der Gewalt, hatte der Bergbauexperte José de Echave, bis zum November 2011 stellvertretender Umweltminister im Kabinett Humalas, vor einer Eskalation des Konflikts gewarnt: »Es zeigt, wie verfahren die Situation ist, wenn die Zentralregierung nicht mehr mit den Repräsentanten der lokalen Regierung spricht. Das ist kein gutes Zeichen.«
Die Eskalation der Gewalt resultiert Beobachtern zufolge aus der systematischen Militarisierung der Region. Bilder zeigen, dass Polizisten mit Fahrzeugen der Minenbetreiber von Yanacocha zu ihren Einsatzorten transportiert wurden. Das schafft nicht gerade Vertrauen unter den Bewohnern der Region. Sie fürchten um ihre Zukunft, denn der geplante Ausbau der Mine erstreckt sich über ein riesiges Gebiet und gefährdet die Wasserquellen in der Region. Vier für die Wasserversorgung der Landwirtschaft in der Region unentbehrliche Bergseen nahe Celendín sind von den Plänen betroffen. Zwei dieser Gewässer sollen zwar nach den Plänen der Regierung, die das Projekt Conga unter Auflagen im April genehmigt hatte, erhalten bleiben, doch die lokale Bevölkerung bleibt skeptisch.

Die Betreiber der Mine genießen »Narrenfreiheit« in der Region, meint Mirtha Vásquez, Anwältin der Umweltorganisation Grufides und eine Kritikerin des Bergbauprojekts. Das bestätigt auch ein Film der US-amerikanischen Regisseurin Stefanie Boyd, der die Verfolgung von Umweltschützern wie Arana in Cajamarca dokumentiert. Er trägt den Titel »Operación Diablo« (Operation Teufel) und läuft derzeit passenderweise in mehreren Kinos in Lima. In der Hauptstadt versammelten sich am Donnerstag vergangener Woche Tausende Menschen auf der Plaza San Martín. Unter einem riesigen grünen Banner demons­trierten sie Solidarität mit den Menschen in Celendín und deren Kampf für den Schutz ihrer Umwelt.

Bischof Cabrejos hat nach seiner ersten Visite in Cajamarca Offenheit und Bereitschaft zum ­Dialog auf beiden Seiten angemahnt. Den Forderungen der Bewegung Tierra y Libertad (Boden und Freiheit) von Arana steht er wohlwollend gegenüber. Deren Mitglieder machen die Freilassung der inhaftierten Demonstranten sowie die Aufhebung des Ausnahmezustandes und eine Untersuchung der Polizeiübergriffe zur Bedingung für einen Dialog. Vorerst hat Cabrejos an die ­Regierung appelliert, Verantwortliche für mögliche Verhandlungen zu ernennen. Er rief die Bevölkerung in der Region auf, Ruhe zu bewahren. In dieser Woche will der Bischof sich ein Bild vor Ort machen und die Gegend besuchen, in der das Goldminenprojekt geplant ist und die vier Bergseen liegen. An der Rundreise des Bischofs sollen sich sowohl Gegner als auch Befürworter des Projektes Conga beteiligen. Der Versuch, eine Lösung des Konflikts herbeizuführen, kommt reichlich spät. Daran, dass in der peruanischen Bergbaupolitik die lokale Bevölkerung nicht an den Planungen beteiligt wird, dürfte allerdings auch eine Vermittlung durch die Kirche kaum etwas ändern.