Das Sparprogramm in Spanien

Deutscher Weg

Wegen der Bankenkrise droht vielen Spaniern und Spanierinnen ein Verlust ihrer Ersparnisse. Nun kündigt die Regierung auch noch ein rabiates Sparprogramm an.

In Spanien ist das Vertrauen in die »freie Marktwirtschaft« in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gesunken. Weniger als die Hälfe der Bevölkerung gab bei einer aktuellen Umfrage an, dass sie noch an das Versprechen glaube, allein mit »harter Arbeit« wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Und weniger als sechs Prozent bezeichneten ihre finanzielle Lage als befriedigend. Die Ergebnisse der Umfrage sind angesichts der spa­nischen Bankenmisere nicht verwunderlich. Die Lage in der Finanzbranche ist katastrophal und könnte das Land in den Bankrott treiben. Nachdem sie ein »Memorandum of Understanding« mit der Euro-Gruppe unterzeichnet hat, soll die spanische Regierung jetzt Hilfen erhalten, um die marode Finanzbranche zu sanieren. Die erste Tranche in Höhe von 30 Milliarden Euro wird noch im Juli überwiesen, weitere 70 Milliarden Euro sollen bis Ende 2013 folgen.
Es ist noch nicht lange her, dass der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy die Umstände, wie die Banken in Spanien gerettet werden sollen, als seinen persönlichen Erfolg verbuchte. Auf dem Euro-Gipfeltreffen vor zwei Wochen in Brüssel rang er zusammen mit seinem italienischen Amtskollegen Mario Monti scheinbar der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel Zugeständnisse ab. Im Gegensatz zu den anderen Euro-Pleitekandidaten wie etwa Griechenland oder Portugal, erklärte Rajoy damals stolz, müsse Spanien nicht unter den Euro-Rettungsschirm flüchten.
Das ist auch gar nicht nötig. Die Maßnahmen, die die spanische Regierung nun beschlossen hat, wären auch von der Troika kaum zu überbieten. In den kommenden zwei Jahren möchte Rajoy 56 Milliarden Euro einsparen. Dafür will er unter anderem die Mehrwertsteuer anheben, die Arbeitslosenhilfe kürzen, steuerliche Vergünstigungen für den Wohnungskauf streichen und die Arbeitszeit der öffentlichen Angestellten verlängern. Trotz des rabiaten Plans fehlen immer noch neun Milliarden Euro, um das mit der EU vereinbarte Defizitziel zu erreichen. Weitere Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen werden also bald folgen. Schließlich hat Wirtschaftsminister Luis de Guindos erst vorige Woche in einem Interview in der FAZ versprochen, »den deutschen Weg« strikt einzuhalten.
Ebenso hart sind die Entscheidungen, die nun vor allem die Kleinanleger treffen. Hunderttausende Kunden der Sparkassen, viele davon Rentner, hatten in den vergangenen Jahren sogenannte Preferentes unterschrieben. Die Bankberater lobten diese Papiere jahrelang als krisensichere Anlage, auch als schon längst klar war, dass viele Sparkassen kurz vor der Pleite standen. Tatsächlich ging es den Banken darum, angesichts der wachsenden Zahl an faulen Krediten ihr Eigenkapital zu erhöhen. Rund 30 Milliarden Euro haben sie auf diese Weise eingesammelt. In dem Memorandum wurde der Financial Times zufolge vereinbart, dass die spanischen Sparkassen hohe Abschreibungen vornehmen müssen, bevor sie die Notfallkredite erhalten. Spanische Medien gehen davon aus, dass die Preferentes dann mindestens 40 Prozent ihres Werts verlieren.
Millionen haben wegen der Krise ihre Jobs verloren, die Preise steigen. Nun droht vielen Spaniern und Spanierinnen auch noch der Verlust eines Teils ihrer Ersparnisse. Ein Wunder, dass überhaupt noch jemand diesem System vertraut.