»Kein Kibbuz in Berlin«

Vor einer Woche wurde in Berlin die deutsche Sektion der internationalen jüdischen Jugendbewegung Hashomer Hatzair neugegründet. Die Organisation bezeichnet sich als sozialistisch und zionistisch. Die Fragen beantwortete Ido Porat, Vorsitzender der deutschen Abteilung.

Ihre Organisation bezieht sich auf der israelische Kibbuz-Bewegung. Ist die überhaupt noch relevant?
Für uns sind ihre Werte wie soziale Gerechtigkeit zentral. Wir ermutigen Jugendliche, die Kibbuzim zu besuchen. Sie haben die israelische Politik dauerhaft geprägt.
Wollen Sie nun einen Kibbuz in Berlin gründen?
In letzter Zeit sind in Israel in der Tat die »Stadt-Kibbuzim« beliebt. Einen solchen selbst zu gründen, ist aber nicht unsere Absicht.
Sie rechnen sich dem »Friedenslager« im Nahost-Konflikt zu. Was bedeutet das?
Wir treten für die Zwei-Staaten-Lösung ein und wollen den israelisch-arabischen Dialog fördern. Dazu nehmen wir an den Begegnungsprojekten des Willy-Brandt-Zentrums in Jerusalem teil, wo Jugendliche auf Augenhöhe zusammenkommen und Vorurteile abbauen können.
In Deutschland existiert bereits eine ähnliche Jugendgruppe, der Ableger der internationalen Habonim-Dror-Bewegung. Treten sie als Konkurrenz auf?
Nein, wir haben eine andere Zielgruppe. Wir wollen besonders säkulare Jugendliche ansprechen, jüdische Feiertage verstehen wir eher als kulturelle Symbole. Außerdem werden politisches Engagement und das sozialistische Selbstverständnis bei uns stärker betont.
In Deutschland wird die Selbstverortung als »sozialistisch« eher mit der Partei »Die Linke« assoziiert. Gibt es Kontakte zur Partei?
Unterstützung erhalten wir aus dem Umfeld der SPD, mit den »Falken« sind wir eng verbunden. Es gab aber auch Zuspruch vom BAK Shalom der Linksjugend. Ich würde es begrüßen, wenn sich in Zukunft mehr Linke mit uns vernetzen.
Wie wird die Neugründung des deutschen Hashomer-Hatzair-Ablegers in Israel aufgenommen?
Dieser Schritt wurde von vielen begrüßt. Allerdings wird die deutsche Gesellschaft von einem Teil der Israelis vehement abgelehnt.
Ihre Förderin Andrea Nahles (SPD) ist Mitglied bei Attac. Dort sind antizionistische und auch antisemitische Positionen keine Seltenheit. Gab es deswegen eine Debatte?
Das war kein Thema bei uns. Wir freuen uns sehr über die Hilfe von Frau Nahles, einer engagierten Unterstützerin Israels. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie oder die SPD Antisemitismus verbreiten.