»Du suchst dir einen Spanier«

»In Berlin steigt die Zahl der Taxifahrer, die ihre Gäste abzocken«, meldete die Süddeutsche Zeitung Anfang der Woche. Auch andere Zeitungen berichteten von Fällen, in denen Fahrer Touristen zu überhöhten Preisen beförderten. 120 solcher Vorkommnisse wurden bislang in diesem Jahr gemeldet. Die Jungle World hat mit einem Berliner Taxifahrer gesprochen.

Sorgt das Thema für Gespräche unter Taxifahrern?
Das spielt lediglich für den profilierungssüchtigen Taxiverband Berlin eine große Rolle, eine der Gewerbevertretungen.
Warum?
Er hat gerade ein Mitgliederproblem. Bei ihm sind Prüfungsgebühren für die Ortskundeprüfung abhanden gekommen, die er Neulingen abnimmt. Die Prüfungsgebühren sind nicht unerheblich. Deshalb hat der TVB ein Problem. Und die Frage der vermeintlichen Abzocke ist eine der wenigen Möglichkeiten, sich noch zu profilieren.
Geht es nicht auch um das Image der Berliner Taxifahrer?
Daraus wird ein großer Popanz gemacht. Wenn man sich Umfragen von Hotel- und Tourismusportalen ansieht, steht das Berliner Gewerbe nicht schlecht da.
Wird die Sache unter den Fahrern selbst nicht diskutiert?
Davon habe ich nichts gehört.
Wie hat man sich einen solchen Betrug technisch vorzustellen, wo der Fahrpreis doch vom Taxameter angezeigt wird?
Du fährst am Flughafen direkt ans Gate und suchst dir einen Spanier aus. In den Maschinen aus Madrid sitzen vielleicht sogar Fluggäste aus Südamerika, die sprechen häufig kein Englisch und halten es für ganz normal, dass man sie am Gate abholt. Und dann macht man mit diesen Leuten eine kleine Stadtrundfahrt. Das ist ja auch schöner, als einfach eine öde Viertelstunde im Auto zu verbringen. Man kann gleich die touristisch reizvollen Strecken abfahren.
Das kann dauern in Berlin.
Ja. Vom Flughafen Tegel aus kann man wunderbar über den Kurfürstendamm fahren, vorbei an der Gedächtniskirche und am Breitscheidplatz, über den Großen Stern und die Straße des 17. Juni zum Brandenburger Tor, und von dort aus zum Potsdamer Platz. Dass das nicht der kürzeste Weg ist, zeigt ein Blick auf Google Maps.
Billig wird das nicht. Wie häufig kommt es denn generell zu Auseinandersetzungen über Fahrpreise?
Eigentlich nie. Der Tarif in Berlin hat einen großen Vorzug gegenüber dem in anderen Städten: Er hat eine Wartezeitunterdrückung von einer Minute, dadurch ist der Fahrpreis vollkommen transparent.