Flache Ü-Eier im Schnee

Berlin Beatet Bestes. Folge 188. Zehn Singles für den Frühling.

Gestern habe ich zehn Singles gekauft. Keine habe ich vorher gehört, aber alle steckten in der News-Kiste. Ich habe sie nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählt, auch wenn ich einige Bands bereits kannte.

The Men: Electric b/w Water Babies (Sacred Bones Records)
Diese Männer sind zwar melancholisch, aber ihr mitreißender, melodischer Punk-Rock macht irgendwie glücklich.

Low Culture: Evil b/w Slave to You (Drunken Sailor Records/Cut the Chord Records)
Low Culture klingen wie Marked Men. Kein Wunder, es spielt auch einer der Marked Men mit. Die Marked Men waren die Könige des melancholischen, melodischen Punk. Beide Seiten sind klasse. »Evil« auf der A-Seite ist ein antireligiöser Hit. »You think I’m evil/because I believe in people/And that they can do what’s right/without fear of the afterlife.«

Rational Animals: Cross Eyed Delights b/w Way After Midnight (Katorga Works)
Die Platte ist wie ’ne Wundertüte. Mir hat der mysteriöse Umschlag gefallen, ich wusste nicht, was drinnen ist. Als ich ihn öffnete, entwich der Originalgeruch einer Undergroundkneipe aus den achtziger Jahren. Schön kaputt und verbraucht klingt die Stimme des Sängers, aber sein Körper ist noch jung und vital, und die seiner Bandkollegen ebenfalls. Solche Musik geht nur, wenn man jung ist.

Icon Gallery: Valiance b/w The Pact (Solar Funeral Records)
Das Cover sieht nach Hardcore aus, ist aber lupenreiner Metal. Es singt eine Frau. Ich wette, die Bandmitglieder sind Punks, die zu jung sind, um sich an die schlimmste Phase der Metal-Infiltrierung von Punk in den Achtzigern erinnern zu können. Ich erinnere mich noch gut. Bin zu alt für diese Scheibe.

Jealous Cowards: Jajje Bulla. EP (Ducttapes/Instigate)
Schneller Hardcore-Punk aus Schweden. SongTitel: »Smack the Rich«, »Fuck the Police«, »Bring the Beef«. Sonst noch Fragen?

Uppgang Och Fall. EP (Uppgang Och Fall/Rundgang/Instigate/Smuts Rekärds)
Melodischer Punk aus Schweden mit schwedischen Texten und Männer- und Frauenstimmen. Klingt wie alles, was punkmäßig in den vergangenen zehn Jahren aus Schweden kam. Genauso gut! Empfehlung!
Brown Sugar: Luvly. EP (Cowabunga Records)
Breitbeiniger Ami-Hardcore-Punk. So was können irgendwie nur Amis. Und Männer. Ich find’s trotzdem gut. Schönster Song: ihre Punkballade »Choir Boy«.

Needles: Desperación (Iron Lung Records)
Habe ich nur gekauft, weil ich alles kaufe, was auf Iron Lung rauskommt. Zuerst dachte ich: klasse, klingt wie Limp Wrist! Nach Recherche bestätigt sich: Es ist derselbe Sänger. Also: Erstklassig! Die Hardcoresingle des Frühjahrs!

Peacebastard/Dishonorable Discharge. Split EP (Heartfirst Records)
Heartfirst-Veröffentlichungen kaufe ich auch blind. Seit über 20 Jahren ein zuverlässiges Label. Auf dem Coverbild liegt noch Schnee, und musikalisch scheint hier auch nicht die Sonne – aber es wird noch gekämpft.

Belgrado: Panopticon b/w Vicious Circle (La vida es un mus)
Punk geht in die Disco. X-mal Deutschland 1982. Oder 1984? Oder 1985. Hier jedenfalls zwei Überhits!