Die rechtsextremen Posen von Fußballprofis

Torjubel in der rechten Kampfzone

Immer wieder fallen Fußballprofis dadurch auf, dass sie Tore mit einschlägigen Gesten feiern. Und anschließend wortreich entschuldigt werden.

Paramilitärische und faschistische Symbolik ist längst nicht mehr nur in den Fankurven der europäischen Stadien auszumachen. Sie wird mittlerweile von den Fußballspielern selbst mit viel Kalkül eingesetzt und lässt sich deshalb auch nicht mehr als Anhäufung von Zufällen erklären. Die rechte Kampfzone ist langsam, aber stetig ausgeweitet worden und hat nunmehr die Spielfelder erreicht. Dabei folgen diese Inszenierungen immer demselben Muster. Von den Handelnden werden sie als ausgelassener Torjubel ausgegeben und anschließend hartnäckig als belanglos und »unpolitisch« verharmlost. Die Kicker sind sich dabei gewiss, dass sie dafür weder von den Vereins- und Verbandsoffiziellen noch von ihren Trainern zur Rechenschaft gezogen werden, sondern sogar offensiv und dauerhaft für ihr Verhalten in Schutz genommen werden. Gemeinsam wird abgewiegelt, Unkenntnis wird vorgetäuscht, Spieler bezeichnen sich zudem als gesellschaftspolitisch unerfahren. Im Grunde wird das Ganze zu einem »Dumme-Jungen-Streich« erklärt. Und damit gibt sich dann, nach einer kurzen, öffentlichen Empörung, auch die vermeintlich kritische Fußballöffentlichkeit zufrieden.
Beispiel Deutschland: Im November vergangenen Jahres haben die beiden Bayern-München-Profis Mario Mandžukić und Xherdan Shaqiri mit ihren militärischen Jubelgesten für kurzzeitige Verstimmung gesorgt. Während des Spiels gegen den 1. FC Nürnberg rannte der Kroate Mandžukić nach seinem 1:0-Führungstreffer in Richtung Fankurve. Er legte seinen rechten Arm an die Stirn und streckte ihn dann weit von sich. Eine ähnliche salutierende Geste zeigt der eiligst zu Mandžukić gelaufene und im Kosovo geborene Schweizer Nationalspieler Shaqiri. Unschwer ließ sich diese Geste als Gruß an die beiden kroatischen Kriegsgeneräle Ante Gotovina und Mladen Markač deuten. Die beiden mutmaßlichen Kriegsverbrecher waren einen Tag vor dem Bayern-Match in zweiter Instanz von dem UN-Kriegsverbrechertribunal für alle Beobachter überraschend freigesprochen worden, in erster Instanz waren sie zu 24 und 18 Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden. In Kroatien wurde das Urteil offen und ausgelassen gefeiert, auch von zahlreichen kroatischen Fußballspielern in aller Welt. »Wir sollten aber nicht zu viel Dinge hineininterpretieren«, kommentierte Bayern-Präsident Uli Hoeneß am Tag danach die Gesten seiner Spieler. Mandžukić steuerte über die Pressestelle des Vereins noch folgendes Statement bei: »Ich habe mit Politik absolut nichts am Hut.« Er habe nur Kroatien gegrüßt und den Fans zugewunken. Sein Manager Ivan Cvetković kam der Wahrheit da schon näher: »Ich bin stolz auf Mario, wie er sein Tor gefeiert hat und sich allen Kroaten angeschlossen hat in der Freude über die Rückkehr unserer Generäle.«
Der Deutsche Fußball-Bund forderte in einer Erklärung die beiden Münchener Profis Mario Mandžukić und Xherdan Shaqiri auf, solche Jubelgesten wie gegen Nürnberg künftig zu unterlassen, »um Fehlinterpretationen zu vermeiden«.
Beispiel Griechenland: Am 16.März fand, wie in jedem Jahr, in Thessaloniki eine große friedliche Demonstration in Gedenken an den Beginn der Deportationen der Juden vor 70 Jahren statt. Unter dem Motto »Nie wieder« wurde der über 50 000 Jüdinnen und Juden Thessalonikis gedacht, die in Auschwitz ermordet wurden. Ab dem 15. März 1943 waren sie in Güterzügen nach Auschwitz deportiert, viele direkt in die Gaskammern geschickt worden. Thessaloniki wurde im April 1941 von der Wehrmacht besetzt. Bereits im Juli 1942 wurden Tausende Juden zur Zwangsarbeit herangezogen. Viele starben, die Gemeinde musste sie später freikaufen. Zuvor wurden sie auf dem »Freiheitsplatz« im Zen­trum von Thessaloniki öffentlich gedemütigt, geschlagen und verhöhnt.
Am 16. März spielte in der ersten griechischen »Super-League« im Athener Olympiastadion AEK Athens gegen Veria FC. Nachdem er in der letzten Spielminute ein Tor geschossen hatte rannte der 20 Jahre alte AEK-Mittelfeldspieler Giorgos Katidis in Richtung Fankurve und zeigte unmissverständlich den »Hitlergruß«. Erst einen Tag später, nach regem Protest und viel Empörung in der griechischen Öffentlichkeit, entschuldigte sich der U-19-Nationalspieler für sein Verhalten halböffentlich. »Ich verabscheue Faschismus«, schrieb Katidis auf Twitter. Zuvor hatte der deutscher AEK-Athen-Coach und ehemals linke Fußballprofi Ewald Lienen ihn ausdrücklich in Schutz genommen. »Katidis ist unpolitisch. Deshalb sollten wir ihn auch nicht verurteilen«, erklärte Lienen unmittelbar nach dem Schlusspfiff. Die nazistische griechische Partei Goldene Morgenröte, die bei den letzten Parlamentswahlen in Griechenland mit knapp sieben Prozent der Stimmen in das Parlament einzog, verteidigte indes den Nazi-Gruß. Die 18 Parlamentarier zeigen ihn ja selbst offen und ohne Scheu, auch der Vorsitzende Nikos Michaloliakos. Die Goldene Morgenröte bezeichnet den Gruß der deutschen Nazis als eine griechische Geste aus der Antike. Der griechische Fußballverband sperrte Katidis lebenslang für die griechische Nationalmannschaft.
Beispiel England: Als der abstiegsbedrohte englische Premiere-League-Verein AFC Sunderland vor zwei Wochen die Verpflichtung des italienischen Trainers Paolo Di Canio bekanntgab, war die Empörung groß. Der Labour-Politiker und frühere Außenminister Großbritanniens, David Miliband, legte aus Protest gegen die »vergangenen politischen Stellungnahmen« Di Canios sein Amt im Aufsichtsrat des Vereins nieder. Aus gutem Grund: Weit über die italienischen Grenzen hinaus bekannt wurde Di Canio wegen seiner stramm neofaschistischen politischen Haltung. »Ich bin ein Faschist, aber kein Rassist«, erklärte er zum Beispiel im Jahr 2005, nachdem er auf dem Spielfeld mal wieder den »römischen Gruß« gezeigt hatte. »Der gestreckte Arm ist ein Gruß unter Kameraden. Ich will niemanden zu Gewalttaten oder Rassenhass anstacheln«, so Di Canios schwache und halbherzige Rechtfertigung. Ohne Unterlass und bei jeder öffentlichen Gelegenheit demonstrierte der bekennende Neofaschist seine Sympathie für den faschistischen Diktator Benito Mussolini. In seiner Autobiographie schreibt der Fußballer, Mussolini sei im Prinzip eine höchst moralische Person gewesen, die völlig missverstanden worden sei.
Der ehemalige Kapitän von Lazio Rom ist zudem immer noch eingetragenes Mitglied der »Irriducibili Lazio«. Diese römische Fangruppe bekennt sich offen zu rassistischen und faschistischen Ideologien. Unter anderem wurden gegnerische Fans der AS Rom 1999 von der »Irriducibili Lazio« mit einem 18 Meter langen Transparent mit der Aufschrift »Auschwitz ist eure Heimat, die Öfen euer Zuhause« in Empfang genommen. Sein Leben spreche für sich, erklärte der heute 44jährige Paolo Di Canio am Tag nach der Verpflichtung von AFC Sunderland, wie immer man diese Aussage auch interpretieren sollte. Paolo Di Canio wurde mit einem lukrativen Vertrag über zweieinhalb Jahre als Trainer ausgestattet. Er selber wolle aber jetzt nicht mehr über Politik reden, »weil das nicht mein Gebiet ist. Wir sind nicht im Parlament, sondern auf dem Fußballplatz.«