Für eine Handvoll Dollar

Etwa 20 Kalaschnikows konnte man vor fünf Jahren in Somalia für 8 500 Dollar kaufen. Basaaly Moalin hat somit einen Beitrag zum Morden geleistet, als er diese Summe in den Jahren 2007 und 2008 an die jihadistische Miliz al-Shabab überwies. Im Februar wurde der Taxifahrer aus San Diego wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Viel Aufmerksamkeit hätte das nicht erregt, wäre der Fall nicht der einzige verbliebene Beleg, den die US-amerikanische National Security Agency (NSA) für die Nützlichkeit ihrer Überwachungsmaßnahmen noch anführen kann. Da das FBI bereits 2003 gegen Moalin ermittelte, ist auch in diesem Fall nicht sicher, dass die Datenabschöpfung ohne Anlass ausschlaggebend war. Es gebe noch einen weiteren Erfolg, orakelte zwar NSA-Direktor Keith Alexander bei einer Kongressanhörung. Mehr aber ist von den 54 angeblich verhinderten Terroranschlägen, mit denen er ins Rennen gegangen war, nicht übrig geblieben. In der vorigen Woche musste er zurücktreten.
Dass die auch als President’s Surveillance Program (PSP) bezeichneten Überwachungsmaßnahmen, die George W. Bush genehmigte, allenfalls eine sehr marginale Bedeutung für die Bekämpfung des Jihadismus haben, hat also sogar die NSA eingestanden. Neu ist diese Erkenntnis nicht. Die befragten Geheimdienstler »hatten Probleme, spezifische Fälle zu nennen, in denen PSP-Berichte direkt zu Erfolgen bei der Terrorismusbekämpfung beigetragen haben«, stellte bereits 2009 ein von den US-Sicherheitsdiensten gemeinsam verfasster Bericht fest. Den Grund nennt General Stanley McChrystal, der jahrelang Einsätze gegen islamistische Terrorgruppen leitete: »Die Jihadisten wussten, dass es gefährlich ist, per E-Mail oder Mobiltelefon zu kommunizieren.« Bei einer so klaren Faktenlage drängen sich Fragen auf. Wozu dient die Überwachung und warum wird sie von so vielen Menschen so bereitwillig akzeptiert? Alexander sagte über die angeblich nur als Versuch durchgeführte Sammlung der Ortsdaten von US-Handynutzern, so etwas könne »zukünftig für das Land erforderlich« sein. Offenbar sollen Vorkehrungen für die Bewältigung unruhigerer Zeiten getroffen werden. Einen anderen Aspekt nannte der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper. Es gehe um den »Seelenfrieden« (peace of mind). Er meinte zwar die Untersuchung der Frage, ob ein Attentäter weitere Anschläge geplant habe, dürfte aber unfreiwillig ein allgemeineres psychologisches Motiv angesprochen haben. Die Überwachung ist ein Wellness-Programm für autoritäre Charaktere. Sie wollen sich behütet fühlen und auch ein wenig kontrolliert werden. Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich hat daher die Bedürfnisse seiner Wähler wohl richtig erkannt, als er die Sicherheit als »Supergrundrecht« bezeichnete.