Der Haar- und Barterlass der Bundeswehr

Haarige Angelegenheit

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt den Haar- und Barterlass der Bundeswehr. Tradition ist Tradition.

Haben Sie schon mal einen Bundeswehrsoldaten mit Zopf gesehen? Oder mit Dreitagebart? Nein? Aber wenn Sie einen sehen würden, dann wäre Ihre Erwartungshaltung an die Bundeswehr zutiefst erschüttert, nicht wahr? Keine Angst, das wird nicht passieren. Heutzutage führt vielleicht eine Bundesverteidigungsministerin die Truppen, aber der Haar- und Barterlass bleibt in Kraft.
Das »einheitliche äußere Erscheinungsbild der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags im In- und Ausland« ist gesichert. Dafür hat das Bundesverwaltungsgericht gesorgt. Denn, so heißt es weiter in der Mitteilung des Gerichts: »Der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sind unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt.«
Deshalb befiehlt der Haar- und Barterlass unter Nr. 1: »Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein.« Unter Nr. 2: »Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.« Und schließlich: »Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies während seines Urlaubs tun.« Das ist, bundesverwaltungsrichterlich bestätigt, keine Verletzung von Persönlichkeitsgrundrechten oder so, das ist Ihre Erwartung und der wird die Bundeswehr weiterhin Genüge leisten. Da wäre es doch interessant zu wissen, was Sie sonst noch so von Bundeswehrangehörigen erwarten. Dass Unteroffiziere ihre Untergebenen misshandeln? Dass Soldaten rechtsextreme Parolen brüllen? Riesendrohnen ohne Kollisionssystem? Angriffe auf afghanische Zivilisten, die in der Nähe von Tanklastern rumstehen? Lassen wir das, es ging dem Gericht nur um die Haare.
Wenn Sie eine Bundeswehrsoldatin sehen, dann ist Ihre Erwartung wahrscheinlich sowieso erschüttert, wie auch rund die Hälfte der Deutschen an der Spitze des Verteidigungsministeriums aufrechte Kopfhaltung, keine Haare über dem Hemdkragen und weitere sekundäre Geschlechtsmerkmale des Mannes erwarten. Soldatinnen gibt es natürlich trotzdem, sogar mit Pferdeschwanz und – ja, das ist erlaubt. Jetzt könnte man natürlich »Diskriminierung!« rufen. Wenn die Kameradinnen lange Haare tragen dürfen, warum nicht die Kameraden? Ganz einfach, erklärt das Gericht. Das ist ein Akt der Frauenförderung. Weil Frauen unterrepräsentiert sind und womöglich gar nicht mehr zur Bundeswehr kommen würden, wenn sie sich vorher die Haare abschneiden müssten. Und außerdem sind Sol­datinnen irgendwie irrelevant: »Bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund zehn Prozent hat sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt.«
Na also, keine Erwartungen an Frauen in Uniform. Warum es Frauenförderung ist, wenn Männer kurze Haare tragen müssen, und wie das verfassungsgemäß sein soll, fragt man sich zwar schon. Aber diese Frage stellt sich bei anderen Erwartungen an die Bundeswehr ja auch.