Der Rücktritt des brandenburgischen Justizministers

Strafe muss sein

Mit Volkmar Schöneburg ist ein Verfechter der Resozialisierung vom Amt des Justizministers in Brandenburg zurückgetreten.

Mitte Dezember gab Volkmar Schöneburg auf. Der 55jährige Jurist trat vom Amt des brandenburgischen Justizministers zurück. Dieses hatte er für die Linkspartei seit 2009 in der rot-roten Landesregierung bekleidet.

Heftig kritisiert wurde er bereits vor seinem Amtsantritt wegen seiner Aussagen zur DDR. Mehrfach hatte er zwar die Strafrechtspolitik der SED kritisiert, aber die Bezeichnung der DDR als »Unrechtsstaat« abgelehnt. Damit wurde er zum Ziel von Anfeindungen konservativer Gegner der Regierungsbeteiligung der Linkspartei, die ihm vorwarfen, er habe in seiner von 1984 bis 1987 verfassten Dissertation über das »kriminalwissenschaftliche Erbe der KPD« die Todesstrafe befürwortet. Tatsächlich hatte er die Po­litik der KPD dargelegt, die die Abschaffung der Todesstrafe in der Weimarer Republik gefordert, sie aber in revolutionären Phasen für legitim erklärt hatte. In der wenig revolutionären DDR der achtziger Jahre war das ein implizites Plädoyer für die Abschaffung der bis 1987 geltenden Höchststrafe.
Auch hinsichtlich des Strafvollzugs versuchte Schöneburg an die in der DDR ignorierte progressive Kriminalpolitik der KPD in der Weimarer Republik anzuknüpfen. Die Reform des Strafvollzugs bestimmte auch seine Zeit als Justizminister. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2011 die nachträgliche Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt hatte, schlug Schöneburg ein neues Landesstrafvollzugsgesetz vor. Die Abschottung der Gefangenen von der Außenwelt sollte durch ausgeweitete Möglichkeiten zu Urlaub und Freigang aufgelockert, der offene Vollzug gestärkt und die Arbeitspflicht abgeschafft werden. Stattdessen sollten die Gefangenen durch Therapie- und Bildungsmaßnahmen zur Auseinandersetzung mit ihren Taten angehalten und bereit für das Leben außerhalb des Gefängnisses gemacht werden.
Dem Vorschlag lag nicht das abolitionistische Ansinnen zugrunde, das Strafsystem an sich zu überwinden. Die Begleiterscheinungen des immer wieder Elend und Gewalt produzierenden Verwahrvollzugs sollten zugunsten einer Behandlung der Delinquenten und ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft überwunden werden. Das hinderte die CDU nicht, eine Kampagne gegen den angeblich geplanten »Kuschelvollzug« ins Leben zu rufen. Das Gesetz wurde trotzdem im April 2013 vom Landtag angenommen, womit Brandenburg eines der modernsten und liberalsten Strafvollzugsgesetze in Deutschland erhielt. Eine entsprechende Reform des Jugendarrests sollte folgen.
Schöneburg war damit der einzige Minister der Linkspartei, der tatsächlich politische Veränderungen anstrebte. Zur Kenntnis genommen wurde dies aber nur in Fachkreisen. Auch seine eigene Partei blieb zurückhaltend. Denn sich für einen liberaleren Strafvollzug einzusetzen, kostet Wählerstimmen. Aus diesem Grund stand auch der Koalitionspartner SPD Schöneburgs »einseitiger politischer Ausrichtung auf Resozialisierung«, wie der Vorwurf häufig lautete, zunehmend kritisch gegenüber.
Anfang Dezember kam der Verdacht auf, der Minister habe weiterhin Kontakt zu einem gefährlichen Sexualstraftäter gehabt, den er zuvor als Anwalt vertreten hatte, und diesen gegen Maßnahmen der Gefängnisleitung in Schutz genommen. Schöneburgs Rückhalt in Politik und Justizwesen war zu dem Zeitpunkt nur noch gering. Verschärft wurde die Lage dadurch, dass sich der ehemalige Mandant im Gefängnis der Verbindungen zum Minister gerühmt hatte.

Tatsächlich hat Schöneburg unprofessionell ge­handelt, als er den Kontakt nicht einstellte und sich als Minister für seinen ehemaligen Mandanten einsetzte. Zudem dürfte er unterschätzt haben, wie viele Gegner er sich mit seiner Politik gemacht hatte. Unterstützung erhielt Schöneburg zum Schluss nur von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer. Sie ernannte ihn zum Ehrenmitglied, da er »politisch und fachlich konsequent den Gedanken der Resozialisierung« vertreten habe.