Sympathisch draußen

Cooler wäre es wohl kaum gegangen. Mit einem nüchternen Interview in der Zeit beendete der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger die Lieblingsbeschäftigung des deutschen Journalismus: das ungeduldige Warten auf den ersten offen schwulen Fußballer. Das mediale Gequengel hatte zuletzt deutlich beleidigte Untertöne, man sei doch nun wirklich tolerant, und so langsam könne die schwule Fußballerschaft mal voran machen, schließlich sei es sehr wichtig, dass endlich jemand vortrete und sage, dass er Männer liebe, auf dass die Homophobie in der Gesellschaft baldigst aufhöre. Warum angesichts von schwulen Politikern, Finanzexperten, Künstlern, Filmstars, Medizinern, Naturwissenschaftlern und so weiter einige renitente Idioten ausgerechnet noch einen Fußballspieler brauchen sollten, um endlich aufzuhören, Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung zu hassen, blieb jedoch unklar. Zumal sich die wartenden Journalisten keineswegs damit die Zeit vertrieben, dann eben deutsche Tennisspieler, Reiter, Volleyballer oder Skisportler zum Coming-out aufzufordern. Es musste unbedingt ein Kicker sein, wahrscheinlich, weil man mit Schlagzeilen wie »Curling-As Sepp X: Ich bin schwul« kein einziges Zeitungsexemplar mehr verkauft … äääh, Homophobie nicht ein für alle mal beendet hätte.
Und nun also mit Hitzlsperger, ein – man sagt es ja immer so ungern, aber in diesem Fall muss es sein – ausgesprochen sympathischer deutscher ehemaliger Fußballspieler, der sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Nazis engagiert, unter anderem für den Störungsmelder schrieb und sich bei Ubuntu Africa um HIV-kranke südafrikanische Kinder kümmert. Den Zeitpunkt seines Coming-out hatte er bewusst gewählt. Vor den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi, sagte er der Zeit, brauche es »kritische Stimmen gegen die Kampagnen mehrerer Regierungen gegen Homosexuelle«. Zum Glück ist Hitzlsperger nicht nur sympathisch, sondern auch intelligent, bislang kam er nach eigenem Bekunden noch nicht dazu, sich über die Reaktionen auf sein Interview zu informieren. Neben den beglückten Schlagzeilen gibt es nämlich in Kommentarspalten und Blogs auch viele Statements von homophoben Idioten – denn nein, es hat gar nicht »Peng« gemacht, sie sind nicht alle verschwunden. Aber das wird sicher alles anders, wenn sich nur endlich, endlich der erste schwule Wintersportler outet.