Kaum Deutsche

Einer der meistbesprochenen Romane 2013 war Taiye Selasis »Diese Dinge geschehen nicht einfach so«, der die Geschichte einer zunächst in den USA lebenden Familie afrikanischer Herkunft erzählt. Selasi hat ghanaische und ni­gerianische Wurzeln, wurde 1979 in London geboren und lebt in New York, Delhi und Rom.
Der Roman, in dem sie Teile ihrer eigenen Geschichte verarbeitet hat, ist ein Musterbeispiel für jene dynamische Literatur, welche die Literaturkritikerin Sigrid Löffler in ihrem Buch »Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler« untersucht. Von Selasi stammt der Begriff »Afropolitans«, der für eine neue (Elite-)Generation von Weltbürgern afrikanischer Herkunft steht. Löffler entgeht die Selbstgefälligkeit an Selasis hymnischem »Afropoliten-Konzept« keineswegs; gleichwohl hat sie für die Autorin und deren auf hohem Reflexionsniveau angesiedelte Literatur eine Menge übrig.
Löfflers Buch ist ein Überblick über transnationale, aus der Entkolonialisierung hervorgegangene nicht westliche Literatur von V. S. Naipaul, Salman Rushdie, Michael Ondaatje und J. M. Coetzee bis zu Aleksandar Hemon, Teju Cole oder Gary Shteyngart. Kritisiert wurde, dass das Buch sich auf den englischen Sprachraum konzentriert und wenige deutschsprachige Autoren vertreten sind. Zum einen aber kann man kaum über alles zugleich schrei­ben. Und zum anderen ist die Literatur nicht deutschsprachiger Autoren vielleicht schlicht ­interessanter und relevanter?

Sigrid Löffler: Die neue Welt­literatur und ihre großen ­Erzähler. C. H. Beck, München 2014, 344 Seiten, 19,95 Euro