Überfremden selbstgemacht

Wer nichts wird, wird Wirt. Der verkannte Modernisierer Holger Apfel, der durch »Intrigen« seiner ehemaligen Kameraden zum Rücktritt vom Parteivorsitz gezwungen und so der Möglichkeit zur Verwirklichung seines Traumes, die NPD zu einer weltoffenen bürgerlichen Partei zu machen, beraubt wurde, hat sich nun einen anderen Traum erfüllt: An seinem Lieblingsurlaubsort hat er eine Gastwirtschaft eröffnet. Gemeinsam mit seiner Frau Jasmin übernahm er das Restaurant »Maravillas Stube« an der Playa de Palma auf Mallorca. Gegenüber der deutschsprachigen Mallorcazeitung gibt sich der einstige EU-Gegner, der nun so freizügig von der ehemals von ihm bekämpften Niederlassungsfreiheit Gebrauch macht, offen: In seinem Lokal will er jeden willkommen heißen, »auch Linke oder Menschen anderer Nationalitäten«. Schon die vor seinem Rücktritt gegen ihn erhobenen Vorwürfe, er habe einen jungen Kameraden sexuell belästigt, wiesen darauf hin, dass Apfel mit den Ansichten seiner Partei, der Homosexualität grundsätzlich als widernatürlich gilt, eventuell nicht in jedem Punkt übereinstimmt. In diesem Fall wäre die Erklärung zu seiner Amtsniederlegung im vergangenen Dezember, derzufolge er sich aus »gesundheitlichen Gründen« aus der Politik zurückziehe, gar nicht als Dementi zu verstehen gewesen. Auch zeigt sich in der Wahl seiner neuen Heimat, die er zu Zeiten seiner Parteizugehörigkeit mehrmals jährlich besuchte, ein klares Bekenntnis zu einer Weltgewandtheit, der viele seiner ehemaligen Kameraden skeptisch gegenüberstehen. Diese beurteilen Apfel nun selbst als Zuwanderer, der anderen die Arbeitsplätze nehme. Wenn die bereitwillige Übernahme der Rolle des ehemaligen Feindbildes Nummer eins nicht ein Ausweis der endgültigen Abkehr Apfels von seiner politischen Vergangenheit ist, was dann?
Doch ganz kann der sich mittlerweile unpolitisch Gebende leider nicht aus seiner Haut heraus. Dass er die nigerianischen Prostituierten in der Nachbarschaft, die er als »Klau-Huren« bezeichnet, in seinem Restaurant herzlich willkommen heißen wird, darf bezweifelt werden. Auch »patriotische Gefühle« will der Mann immer noch haben und ist nicht von der Überzeugung abzubringen, dass »Überfremdung« in deutschen Großstädten ein zu bekämpfendes Problem sei. Und so stellt sich doch die Frage, ob sich Apfel des Beitrags, den er zur »Überfremdung« Spaniens leistet, bewusst ist.