Ungewollter Abbruch

Ob er nun mit dankbaren Embryos und devoten Schwangeren literweise Messwein in sich hineinschüttet, um den Frust zu ertränken? Schließlich hat Alberto Ruiz-Gallardón sich so für das Recht der nicht lebensfähigen Zellhäuflein auf Leben und für ein entsprechendes Ende der Selbstbestimmung schwangerer Frauen eingesetzt. Und dann hat Mariano Rajoy, spanischer Ministerpräsident und Vorsitzender der konservativen Volkspartei (PP), einfach das ehrgeizige Reformvorhaben seines Parteifreundes, das es bereits durch das Kabinett geschafft hatte, fallen lassen. Das lässt sich der Justizminister, der in seiner Politikerkarriere fünfmal bei Lokalwahlen in Madrid die absolute Mehrheit errang, nicht bieten. Am Dienstag voriger Woche gab Ruiz-Gallardón seinen Rücktritt und nach über 30 Jahren seinen Abschied von der Politik bekannt. Mit seinem »Gesetz zum Schutz des ungeborenen Lebens und der Rechte der schwangeren Frau« sollte das 2010 von der sozialdemokratischen Vorgängerregierung liberalisierte Abtreibungsgesetz wieder verschärft werden. Statt der Fristenregelung, die einen Abbruch bis zur 14. Woche ohne Angabe von Gründen erlaubt, sollte wie zuvor seit 1985 eine Indikationsregelung gelten. Schwangerschaftsabbruch wäre damit illegal, nur eine vorausgegangene Vergewaltigung, die zur Anzeige gebracht wurde, oder zu erwartende schwere gesundheitliche Schäden durch die Schwangerschaft hätten noch Ausnahmen ermöglicht.
Die Ankündigung der Gesetzesverschärfung sicherte dem PP 2011 den Wahlsieg. Doch eine deutliche Mehrheit der Spanierinnen und Spanier zieht die liberale Gesetzgebung vor und die PP-Regierung befürchtet Stimmeneinbußen bei den Wahlen 2015. Rajoy entschied sich daher gegen die Änderung. Tausende katholische Konservative demonstrierten und drohten, den PP nicht mehr zu wählen. Doch Konkurrenz von rechts hat der PP nicht, die Partei versucht, in der Mitte hinzuzugewinnen. Ruiz-Gallardón wollte dabei offenbar nicht mitmachen. Er erklärte das Scheitern der Gesetzesreform – Rajoy immer noch ergeben – als persönliche Fehlleistung. Immerhin wurde die Gesetzgebung dahingehend geändert, dass minderjährige Schwangere nun das Einverständnis der Eltern für einen Abbruch benötigen. So viel Selbstbestimmung wollte die PP den Teenies dann doch nicht zumuten. Sich selbst um ungewollte Kinder kümmern dürfen sie allerdings – bei einer stetigen Kürzung staatlicher Sozialausgaben.