Unter Experten

Auch Politiker haben Hobbys. George Bush hackte Holz auf seiner Farm, Franz Josef Strauß soff gerne bis zur Besinnungslosigkeit und Erich Honecker schätzte die Jagd. Manchen Duisburger Kommunalpolitikern genügen so profane Freizeitbeschäftigungen nicht. Ihre Leidenschaft ist der Nahe Osten. In keiner Stadt hat die Linkspartei eine so hohe Dichte an Nahost-Experten wie in Duisburg. Da ist zum Beispiel Jürgen Aust, der sich in den marxistisch-leninistischen Zirkeln der siebziger Jahre theoretisch stählte. In der vergangenen Woche lud er zu einer Veranstaltung mit dem Titel »Der Nahost-Konflikt und ›Die Linke‹«. Aust wollte sich auch mit der Frage beschäftigen, ob es Antisemitismus in der »Linken« überhaupt gebe oder ob das Gerede darüber nicht ein Mittel einer Allianz antideutscher und rechter Medien sei, um die »Linke« zu diskreditieren. Für die Jungle World sollte ich über die Veranstaltung berichten, flog aber prompt raus – ich sei ein Vertreter der rechten Kampfpresse, ein Dialog mit mir nicht möglich, meine Anwesenheit nicht zu ertragen, hieß es. Schade. Sollte Aust im Hinterzimmer der Kneipe »Haus Kontakt« in Duisburg-Kaßlerfeld eine geniale Lösung des Nahost-Konflikts präsentiert haben, werden es die Leser dieser Zeitung leider nie erfahren. Auch andere Duisburger Nahost-Experten sind im Umgang mit der Presse eher schwierig. Hermann Dierkes, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der »Linken« im Duisburger Rat und vom Simon-Wiesenthal-Center 2011 zu einem der Top-Ten-Antisemiten weltweit gekürt, versuchte in der Vergangenheit, auf das Neue Deutschland einzuwirken, um negative Berichterstattung zu verhindern – allerdings vergeblich. Solche Duisburger Kommunalpolitiker sind sensibel, wenn es um sie selbst geht. Geht es um Israel oder Juden, sind sie robuster: Dierkes erklärte das Existenzrecht Israels zu einer läppischen Frage, für Aust sind die Juden, die Israel aufbauten, Verräter an der Weltrevolution.