Euer Bahnhof

Jaja, Bahnglossen sind so was von out, der Notausgang des Kolumnisten, wenn ihn wieder kein Thema anspringen will. Die Bahn ist aber halt auch wirklich wichtig, weil sie ersetzt, was mal die bürgerliche Öffentlichkeit war, damals, als man sich auf Straßen und Plätzen noch aufhalten durfte. Beachtung verdient die Postille Dein Bahnhof, das »Magazin der deutschen Einkaufsbahnhöfe«  – weit mehr als nur die hässliche kleine Schwester des Bordmagazins DB Mobil, sondern ein Wunderwerk der Einfalt. Gerade die Einkaufstipps bewegen sich an der Grenze zum klinischen Schwachsinn: »Brezel. Gesehen bei: Ditsch, u. a. Hauptbahnhof Essen, 65 Cent«, steht da, oder »Einweckglas. Gesehen bei: Nanu-Nana, u. a. Hauptbahnhof Halle, 1,95 Euro«, und mit Schaudern erwägt man die Möglichkeit einer Menschenart, die extra von Essen nach Halle reist, um ihren Vorrat an Einweckgläsern aufzufüllen. Tipps zum Kleingeldschnorren und Hinpinkeln fehlen, der klassische Bahnhofsbewohner wird gar nicht erst angesprochen. Stattdessen heißt es vom Bahnhof Düsseldorf, er habe sich »neu erfunden«: »Von der lichtdurchfluteten Eingangshalle (...) führt die Passage mit nahezu 40 Shops quer unter den Gleisen hinüber zum Bertha-von-Suttner-Platz. In ihr findet sich alles, vom Blumenladen bis zur Apotheke, vom Schuhgeschäft Goertz 17 bis zum dm-Drogeriemarkt.« Pfui Teufel.
Verantwortlich zeichnet Horst Mutsch, »Leiter Vermietung, DB Station & Service AG«, der dafür sorgt, dass es auf sämtlichen deutschen Bahnhöfen nach verbranntem Fett stinkt. Ohne nachzudenken verzichtete ich auf meinen Anteil an der ewigen Glückseligkeit, wüsste ich nur, dass ich nach dem Tode exakt die Hölle überwachen dürfte, in welcher Horst Mutsch und seine Lakaien sich wie die Brathendl am Spieß drehen.