Problemgruppen

Warum machen die Juden immer so viele Probleme? Denn das tun sie, wie es ein Offenbacher Schüler gerade wieder bewiesen hat, indem er sein Amt als Schülersprecher niedergelegte, nur weil andere Schüler ihn antisemitisch beschimpft und mit dem Tod bedroht haben (Jungle World 45/2014). Das war ihm zu viel, da musste er nicht nur direkt das Amt niederlegen, sondern dies auch noch pressewirksam tun, und das, obwohl der Stadtrat Felix Schwenke sich so sehr gewünscht hätte, dass er’s »dem Schul- oder dem Jugend- oder dem Integrationsdezernent (...) kommuniziert oder dem Ausländerbeiratsvorsitzenden oder wem auch immer«. Scheißegal halt, Hauptsache nicht der Presse, die das alles wieder nur benutzt, um Offenbach in ein ungünstiges Licht zu rücken und das Gerücht zu streuen, irgendwer dort könne antisemitische Einstellungen zeigen. What happens in Offenbach stays in Offenbach.
Wobei die deutsche Presse genau weiß, welche Fragen sie in dieser Situation zu stellen hat. »Was macht eine solche Aussage mit Ihnen oder auch mit Offenbach?« sorgt sich die Frankfurter Neue Presse um Schwenke, und der beteuert, dass die Aussage des Schülers – jene nämlich, dass er die Mehrheit der muslimischen Schüler in Offenbach für derzeit nicht integrierbar halte – schlecht sei für das Zusammenleben der Menschen, besonders aber eben für Offenbach. Und er beklagt, dass eine solche Äußerung gemacht werde von einem, »der in Mühlheim zur Schule geht und in Mühlheim wohnt« –, wir wissen ja, welcher Bevölkerungsgruppe die Brunnenvergifterei halt einfach im Blut liegt. Obendrein gibt der grüne Bürgermeister Offenbachs, Peter Schneider, zu Protokoll, »noch nie von einem Antisemitismus-Problem unter muslimischen Jugendlichen gehört« zu haben. Und muss der das nicht wissen?
Die eingangs zitierte Frage über die Problemjuden hat übrigens ein Schüler meiner neunten Klasse formuliert, als es im Rahmen einer Unterrichtseinheit zu Religionen darum ging, Fragen zum Judentum aufzuschreiben und anonym einzureichen. Einem anderen Schüler lag die drängende Frage »Warum können die Juden nicht einfach alle sterben?« besonders am Herzen. Nun glaube ich Schwenke, dass der Antisemitismus in Offenbach nicht größer ist als anderswo in Deutschland. Und dass anti­semitische muslimische Jugendliche nicht integrierbar seien, ist auch Quatsch. Das einzige, was an ihrem Antisemitismus nicht integrierbar ist, ist die Offenheit, mit der er geäußert wird. Und ich glaube ja, dass, solange ein Mensch überhaupt noch denken will, man ihm erklären können müsste, warum er falsch denkt. Eine Voraussetzung dafür ist aber, dass man über bessere Diskussionsstrategien verfügt als Ohrenzuhalten und laut vor sich hin Summen. Die andere ist, dass man nicht heimlich das Gleiche denkt.