Appeasement gegenüber den Feinden der Zivilisation

Angriff auf die Linke

Mit Appeasement wird man den Islamismus nicht zurückdrängen.
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Da saßen sie und nickten einträchtig, Innenminister Thomas de Mazière, Springer-Boss Mathias Döpfner und die Islamismusversteherin Souad Mekhennet. Zeitungen dürften nicht dem Druck nachgeben, keine islamkritischen Karikaturen mehr zu veröffentlichen, aber wenn sie sich darauf verständigen würden, aus Rücksicht auf reli­giöse Gefühle grundsätzlich gar keine religionskritischen Satiren zu bringen, dann sei das ja ­etwas anderes und völlig okay. Kein Widerspruch vom Moderator der Talkshow, Günther Jauch. Wer den Islamisten beim Siegen zusehen will, muss nicht nach Paris fahren, er kann sich die Sendung in der ARD-Mediathek zu Gemüte führen. Der Schutz religiöser Gefühle hat das Recht auf Meinungsfreiheit im Werteranking längst überholt. Einem Recht auf Blasphemie wollte die Runde im Berliner Gasometer nicht auch nur einen Fußbreit einräumen.
Doch das Attentat in Paris richtete sich nicht nur gegen Meinungsfreiheit und Satire, sondern auch gegen Juden und die französische Beteiligung am Kampf gegen den Islamischen Staat (IS). Egal mit welchen terroristischen Organisationen die Täter in Verbindung standen: Hier schoss der Kalif. Oder anders gesagt: Hier schoss der terroristische Arm eines besonders reaktionären Islam, eines rechtsextremen Islam, der in vielen Ländern in der Offensive ist und sich im Nahen Osten und in Afrika am radikalsten entfaltet. Und der immer auch eines ist: antisemitisch.
Die Talkshow bei Jauch hat gezeigt, wie weit das Appeasement mit den Feinden der Emanzipation gediehen ist, die Demonstration in Paris, jedenfalls der staatsoffizielle Teil, offenbarte zudem das Appeasement mit dem militanten Antisemitismus. Obwohl der Anschlag explizit auch den Juden in Frankreich galt, die seit geraumer Zeit ohnehin in Angst leben, weil sie immer wieder Ziel von Attacken werden, war ausgerechnet Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu von Frankreichs Präsidialamt nicht zum großen Schau­lauf der Mächtigen eingeladen worden. Ja, man bat ihn sogar ausdrücklich, zu Hause zu bleiben. Als er dennoch kam, lud man schnell noch Mahmoud Abbas ein. Frankreich wollte unbedingt Äquidistanz wahren. Abbas’ Palästinensische Autonomiebehörde zahlt jedem Terroristen, der in israelischen Gefängnissen landet, als Belohnung für seine Tat bis zu 2 500 Euro Gehalt pro Monat. Ums Leben gekommene westjordanische Judenmörder werden von Abbas persönlich zu Märtyrern erklärt. Nun sind die palästinensischen Terroristen nicht der IS und auch nicht die Speerspitze des Islamismus, aber machen wir uns nichts vor: Hätte Amedy Coulibaly einen ­jüdischen Supermarkt in Jerusalem überfallen und dort vier Menschen massakriert, Abbas wäre am Sonntag bei der Siegesfeier der Täter gewesen und hätte in Ramallah einen Platz nach Coulibaly benannt. Nun aber lief er »gegen Terrorismus« Seite an Seite mit den Mächtigen der Welt, drängelte sich in die erste Reihe, Angela Merkel tätschelte ihm lächelnd das Händchen, die Genugtuung war ihm ins Gesicht geschrieben und innerlich dankte er vermutlich den Attentätern, mindestens für diesen Auftritt.
Es ist großartig, dass sich so viele Menschen mit Charlie Hebdo solidarisiert haben. Aber solange der Islamismus als politische Bewegung und der antisemitische Terrorismus derartige Verharmlosung erfahren, bleibt dies leider Makulatur. Auch von der Linken kann man mehr erwarten. Denn auch sie ist angegriffen worden. Nicht nur weil Charlie Hebdo ein Kind der 68er-Bewegung ist, auch weil die Täter gegen all das stehen, was Linke zu verteidigen hätten. Wäre Charlie Hebdo das Parteiorgan der PKK, hätte es vermutlich mehr Reaktionen aus der radikalen Linken gegeben.