Die Annäherung zwischen den USA und Kuba

Tauwetter in der Karibik

Neuerdings nähern sich die USA und Kuba einander an. Inhaftierte Spione wurden ausgetauscht, politische Gefangene auf Kuba freigelassen und diplomatische Beziehungen ausgebaut.

In der Gerüchteküche brodelte es am Freitag vergangener Woche wieder einmal. Ein Jahr war ­Fidel Castro nicht in der Öffentlichkeit gesehen worden, er hatte sich auch nicht zur denkwür­digen Rede von US-Präsident Barack Obama vom 17. Dezember geäußert. Da lag es nahe, wieder einmal den Tod des kubanischen Revolutionärs zu verkünden. War nicht der Teil des Friedhofs Santa Ifigenia von Santiago de Cuba abgesperrt worden, wo die verdienten Helden der kubanischen Geschichte liegen? So oder so ähnlich munkelte man.
Doch mehr als ein trockenes Dementi war dem Pressezentrum in Havannas 23. Straße die Sache nicht wert. Warum es vom mittlerweile 88jährigen Castro seit Monaten kein Foto, keine Kolumne, kein Lebenszeichen gibt, bleibt offen. Merkwürdig ist das schon. Schließlich gilt Fidel Castro als moralische Instanz der Revolution und meldet sich in aller Regel zu Wort, wenn Grundlegendes passiert.

Und grundlegend ist, was sein 83jährige Bruder Raúl Castro und Präsident Obama dank der Vermittlung von Papst Franziskus Mitte Dezember vereinbart haben: Das Ende des kalten Kriegs in der Karibik. Nach mehr als 50 Jahren einer Strategie, die nichts gebracht habe, sei es Zeit, etwas Neues zu probieren, erklärte Obama der Bevölkerung der USA und kündigte an, dass beide Länder wieder volle diplomatische Beziehungen aufnehmen wollen. Eine Etappe auf dem Weg dahin ist die Visite einer US-Delegation unter Führung von Staatssekretärin Roberta Jacobson am 21. Januar. Bei dem Treffen steht eine Vereinbarung über Migration zwischen beiden Ländern ganz oben auf der Liste, aber auch über den Botschaftsstatus könnte gesprochen werden, wenn alles nach Plan läuft. Danach sieht es aus, denn bis zur Ankunft dieser Delegation soll die mit den USA vereinbarte Freilassung von 53 politischen Häftlingen aus kubanischen Gefängnissen abgeschlossen sein. Bereits zwischen dem 6. und 10. Januar waren der Kubanischen Kommis­sion für Menschenrechte und nationale Versöhnung (CCDHRN) zufolge 36 Häftlinge auf freien Fuß gesetzt worden – vornehmlich stammen sie aus dem Osten Kubas.
Dort befindet sich derzeit die agilste Dissidentenorganisation der Insel, die Patriotische Union Kubas (UNPACU). Allein 29 der Freigelassenen sollen laut einem UNPACU-Sprecher dieser Organisation angehören. In den USA kam die Freilassung der Aktivisten ausgesprochen gut an. »Die USA heißen den Beginn der Freilassung von politischen Gefangenen in Kuba willkommen«, äußerte der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Ben Rhodes, in einer Stellungnahme. Unbekannt ist jedoch seit der Bekanntgabe der Freilassung der 53 politischen Gefangenen, wer genau sich darunter befindet. Listen hat weder die US-amerikanische noch die kubanische Seite zur Verfügung gestellt. Ein Grund, weshalb in Havanna Gerüchte kursieren, wonach die kubanische Regierung einzelne Namen von der US-Liste zurückgewiesen habe. Sicher ist hingegen, dass zu den Freigelassenen Haydée Gallardo und ihr Mann Angel Figuereido gehören. Das Ehepaar soll im April 2014 verhaftet worden sein, weil sie bei einem der sonntäglichen Protestmärsche der »Damen in Weiß« in Havannas Stadtteil Miramar »Nieder mit Fidel« gerufen hatten.

Das hätte auch am 30. Dezember auf dem Platz der Revolution in Havanna passieren können. Dorthin hatte die Künstlerin Tania Bruguera für den frühen Nachmittag eingeladen, um im Rahmen einer Performance das Mikrophon freizugeben. Die in New York und Havanna lebende Künstlerin wollte den Kubanerinnen und Kubanern die Chance geben, zu sagen, was sie sich vom kommenden Jahr 2015 erwarten, welche Hoffnungen und Wünsche sie hegen. Doch es kam nicht zu der Aktion. Bruguera wurde am 30. Dezember um zehn Uhr morgens aus ihrer Wohnung geholt und bis in den Nachmittag hinein auf einer Polizeiwache im Zentrum Havannas vernommen. »Wir verurteilen die anhaltende Drangsalierung und wiederholten willkürlichen Festnahmen durch die kubanische Regierung scharf«, teilte das US-Außenministerium mit. Business as usual, scheint es.

Dennoch geht die Annäherung weiter, sie war schließlich mit dem Austausch von Spionen Mitte Dezember zementiert worden. Die USA ließen die letzten drei der »Cuban Five« frei, in den neunziger Jahren angeblich in die exilkubanischen Terrorkreise eingeschleuste und schließlich aufgeflogene Agenten; im Gegenzug setze Kuba den inhaftierten IT-Techniker und mutmaßlichen Spion Alan Gross und den vergessenen Maulwurf Rolando Sarraff in ein Flugzeug nach Miami. Dialog und Handel statt Blockade und Ignoranz heißt die neue Devise, ein erster Schritt ist die Aufstockung der erlaubten Überweisungen aus den USA nach Kuba von 500 auf 2 000 US-Dollar pro Vierteljahr. Zudem will Obama mehr Handel im Rahmen der Embargobestimmungen zulassen. Doch am Bestehen des Embargos wird sich vorerst nichts ändern, denn dazu fehlen Obama die Mehrheiten im Kongress.