Für die eine Einheit

Wenn einmal nicht alle einer Meinung sind, ist das schlimm für ihn, schließlich muss er das Land repräsentativ zusammenhalten. Er sei »traurig und enttäuscht darüber, was dieses Referendum in unserem Land ausgelöst hat«, soll Andrej Kiska am Samstagabend gesagt haben. Der slowakische Präsident hatte gerade seine Stimme bei einem umstrittenen, von der katholischen Vereinigung »Allianz für die Familie« initiierten Referendum »zum Schutz der Familie« abgegeben. Es hätte verhindern sollen, dass homosexuellen Paaren in der Slowakei die gleichen Rechte zugestanden werden wie heterosexuellen. Mit seiner Aussage mag Kiska die aggressive homophobe Stimmung vor dem Referendum verurteilt haben. Der ehemalige Unternehmer gilt als Philanthroph und machte sich vor seiner Präsidentschaft unter anderem durch seine Stiftungen beliebt, die Familien und Kinder in Not unterstützen. Womöglich war der parteilose Präsident am Samstagabend aber auch nur wegen der Spaltung der Bevölkerung besorgt, der wertkonservative Katholik hatte zuvor angekündigt, zwei Fragen des Referendums mit Ja zu beantworten. Für mehr Rechte für Homosexuelle konnte man gar nicht stimmen, es ging nur um die Zustimmung zu Forderungen der homophoben Initiatoren: dass gleichgeschlechtlichen Paaren ein Adop­tionsrecht verwehrt werde, dass eine Ehe nur aus Mann und Frau bestehen könne und dass die Teilnahme am Sexualkundeunterricht für Schulkinder nicht verpflichtend sein dürfe.
Doch die meisten Slowakinnen und Slowaken hatten wohl besseres zu tun – mit ihrer Wahlfamilie, Partner oder Partnerin oder glücklich alleine. Denn statt 50 haben am Samstag nur 21,4 Prozent der 4,4 Millionen Wahlberechtigen abgestimmt, somit ist das Referendum gescheitert. Diejenigen, die abstimmten, waren sich jedoch fast alle einig: Jede Frage erhielt über 90 Prozent Zustimmung. Trotz der geringen Wahlbeteiligung – in der Slowakei nicht ungewöhnlich – spiegelt das Ergebnis die Regierungspolitik: 2012 lehnte das Parlament die Zulassung eingetragener gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit deutlicher Mehrheit ab, 2014 wurde die Ehe in der Verfassung als »einzigartige Verbindung zwischen Mann und Frau« festgeschrieben – unter einer sozialdemokratischen Regierung. Kiska muss sich also um die slowakische Einheit nicht sorgen, Mann und Frau werden weiterhin ordentlich zusammengehalten.