Kubanische Spieler im US-Football

Das Runde kommt aus dem Viereckigen

Baseball könnte eine jener Sportarten sein, die von der angekündigten politischen Annäherung zwischen den USA und Kuba profitieren weden. Auch die Proficlubs in den USA hoffen auf ein gutes Geschäft.

Zum ersten Mal seit 55 Jahren hat Kuba die Serie del Caribe gewonnen, die jährlich ausgetragene Baseballmeisterschaft der Karibik für Vereinsmannschaften mit Clubs aus Mexiko, der Dominikanischen Republik, Puerto Rico und Venezuela. Der Landesmeister Vegueros (Tabakpflanzer) de Pinar del Rio setzte sich am vergangenen Wochenende in San Juan, Puerto Rico, im Finale mit 3:2 gegen Mexikos Titelträger Tomateros de Culiacán durch. Als letztes kubanisches Team hatten die Elefantes de Cienfuegos 1960 den Titel errungen.
In den Anfangsjahren – die Karibikmeisterschaft war 1949 initiiert worden – hatten Kubas Teams das Turnier noch dominiert und zwischen 1949 und 1960 sieben Mal gewonnen. Nach der Revolution wurde jedoch 1961 die professionelle Baseballliga abgeschafft, was zu einem vorläufigen Ende der Serie del Caribe führte, die erst 1970 wieder ausgetragen wurde.
Im vergangenen Jahr hatte erstmals nach über 50 Jahren wieder eine kubanische Mannschaft an dem Turnier teilgenommen, Villa Clara war jedoch bereits nach der Vorrunde ausgeschieden. Pinar del Rio wäre es in diesem Jahr beinahe ebenso ergangen, es gelang gerade einmal ein Sieg in der Vorrunde. Das Format der Serie del Caribe bevorteilt aber nicht immer die beste Mannschaft: fünf Teams spielen zunächst jeder gegen jeden, die besten vier qualifizieren sich für das Halbfinale. In diesem gewann die kubanische Mannschaft gegen die bis dahin ungeschlagenen Caribes de Anzoátegui aus Venezuela nach einem Rückstand von 0:4 in einer mitreißenden Partie am Ende mit 8:4 und ließ sich dann im Finale auch von Mexiko nicht mehr aufhalten.
»Der Ball ist rund und kommt in einer viereckigen Box«, heißt ein populäres kubanisches Sprichwort. Was so viel bedeutet wie: Beim Baseball kann alles passieren. Von Glück wollte der kubanische Coach Alfonso Urquiloa aber nichts wissen: »Am Ende kann Glück dir helfen, aber es sind neun Innings (Spielabschnitte, Anm. d. Red.) jeden Tag, gegen großartige Spieler, und das Glück wirft weder, noch schlägt es.« Der Sieg hat dem kubanischen Baseball viel Selbstvertrauen zurückgegeben. Kubas Nationalteam – bei Olympischen Spielen und bei Weltmeisterschaften jahrzehntelang Seriensieger – hatte seit Jahren kein großes Turnier mehr gewonnen. Die Gründe für den Niedergang sind vielfältig. So ist die heutige Gene­ration von Spitzensportlern in der Mangelwirtschaft der Spezialperiode Anfang der neunziger Jahre großgeworden. In wirtschaftlich schwie­rigen Zeiten fehlte das Geld für die Förderung des Spitzensports. Die ökonomische Situation hat seit 1989 zudem zu einem gewaltigen Aderlass im kubanischen Sport geführt. Viele Talente, vor allem Baseballspieler, aber auch Volleyballer, Fußballer und Boxer, haben sich in den vergangenen Jahren ins Ausland abgesetzt. Zwei waren es diesmal bei der Serie del Caribe.
Begünstigt werden solche »Desertionen«, wie sie in Kuba genannt werden, von der derzeitigen US-amerikanischen Kuba-Politik. Die im Dezember von den Präsidenten beider Länder verkündete politische Annäherung zwischen den USA und Kuba könnte deshalb auch auf den Baseballsport in Kuba große Auswirkungen haben. In der US-Profiliga MLB (Major League Baseball) freut man sich schon: »Kuba ist für uns ein Thema von großem Interesse, hauptsächlich aus zwei Gründen: Es ist ein großer Talentpool und hat eine große Baseballtradi­tion, und uns faszinieren Länder mit großer Tradition im Baseball«, sagte MLB-Commissioner Rob Manfred dem US-Fernsehsender ESPN.
Nur wenige Stunden nach der Ansprache von Barack Obama, in der er die Neuausrichtung der US-amerikanischen Kuba-Politik verkündete, verbreitete die MLB eine Erklärung an ihre 30 Klubs, in der es hieß, man verfolge die Ereignisse mit größter Aufmerksamkeit und werde sehen, inwiefern diese die Beziehungen zur Karibikinsel verändern. Gleichzeitig erinnerte das Schreiben daran, dass die US-Blockade gegen Kuba weiterhin bestehe und die republikanische Mehrheit im Kongress eine baldige Aufhebung unwahrscheinlich erscheinen lasse.
Die Blockadepolitik verhindert, dass kubanische Sportler Verträge in den USA unterzeichnen können, denn sie untersagt US-amerikanischen Unternehmen jedwede kommerzielle Verbindung mit Kuba. Um in der MLB oder anderen US-Ligen spielen zu können, müssen kubanische Athleten jede Verbindung nach Kuba abbrechen. Eine Regelung, die einzig für kubanische Sportler gilt, so will es das Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen des US-Finanzministeriums OFAC (Office of Foreign Assets Control). Dessen Vorschriften verhinderten übrigens auch, dass Kuba das Preisgeld von 102 000 US-Dollar für den Sieg der Serie del Caribe kassieren kann.
Kuba selbst hat seinen Sport in den vergangenen Jahren vorsichtig geöffnet. Seit einiger Zeit dürfen kubanische Baseballspieler Profiverträge bei Teams der mexikanischen oder japa­nischen Liga unterschreiben. Stars wie Yulieski Gourriel und Frederich Cepeda, die entscheidenden Anteil am Triumph in Puerto Rico hatten, verdienen ihr Geld in Japan und gehören nun zum Club der neuen Millionäre auf Kuba. Ihre Gehälter sind aber nichts gegen die früherer Kollegen aus dem kubanischen Nationalteam, die sich in die USA abgesetzt haben und heute in der MLB spielen: Rusney Castillo kassiert für seinen mehrjährigen Vertrag 72,5 Millionen US-Dollar, Yasmani Torres 68,5 Millionen, José Dariel Abréu 68 Millionen und Yasiel Puig 42 Millionen. Derzeit spielen 25 Kubaner in der MLB. Sie sind alle denselben Weg gegangen: Sie sind aus Kuba abgehauen und haben die Residenz eines Drittlandes angenommen, um in den USA als free agents Verträge unterschreiben zu können. So verlangen es die US-Gesetze.
Eine mögliche Aufweichung oder Abschaffung der US-Blockadepolitik gegen Kuba im Zuge der begonnenen Annäherung beider Länder könnte dazu führen, dass Kubaner in den USA Profiverträge unterschreiben können, ohne ihr Leben auf der Flucht per Boot über die Meerenge zwischen Kuba und Florida oder in den Händen mexikanischer Schlepperbanden riskieren zu müssen. Die kubanische Regierung könnte erlauben, dass in den US-Ligen aktive Spieler wieder für die kubanische Auswahl auflaufen dürfen. Zudem könnten US-Clubs wieder Schaukämpfe oder sogar offizielle Spiele auf Kuba austragen, wie sie es in China und Australien tun, und Nachwuchsakademien eröffnen, wie in der Dominikanischen Republik. »Als Baseballer sind wir heiß darauf, nach Kuba zu gehen«, sagte Mike Toomey, ein ehemaliger Talentscout und heute bei den Kansas City Royals angestellt, zum Guardian. »Ich denke, das ist großartig für den Baseball und es wird sehr interessant werden. Ich denke, wir werden Nachwuchsakademien dort sehen, keine Frage.«
Vor dem Triumph der Revolution 1959 hatten US-Teams immer wieder Partien auf Kuba ausgetragen. Die Cincinnati Reds hatten sogar ein Minor League Team auf der Insel, die Havana Sugar Kings (1954 bis 1960). Zuletzt hatten die Baltimore Orioles 1999 ein Spiel gegen Kubas Nationalmannschaft in Havanna bestritten.
Der Baseballexperte Peter C. Bjarkman glaubt dagegen nicht an eine schnelle Rückkehr der MLB nach Kuba. »Kuba wird ein System wie Japan schaffen, wo die Spieler fünf oder sechs Jahre in der heimischen Liga spielen müssen, bevor sie als free agents gelten«, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Wie in Japan müssten die MLB-Franchises den jeweiligen Club bezahlen, um mit dem Spieler verhandeln zu dürfen. »Ich glaube nicht, dass Kuba bereit ist, seinen Baseball der MLB in den USA zu übergeben. Sie wollen den Baseball nutzen, um Geld ins Land zu holen, aber sie wollen keineswegs ihre Liga verkaufen.«