Neue Angriffe auf Flüchtlingsheime

Deutsche Frühlingsgefühle

Die Liste der Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte wird weiterhin länger. Einige Beispiele.

Die Sache ist den Behörden einiges wert: 20 000 Euro Belohnung hat die Polizei mittlerweile für konkrete Hinweise ausgelobt, die zu den Brandstiftern führen, die Anfang April Feuer in einer noch leerstehenden Unterkunft für Asylsuchende in Tröglitz gelegt haben. Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt setzt bei der Fahndung zudem auf die Unterstützung der Bevölkerung. In der MDR-Sendung »Kripo live« wurden verschiedene Gegenstände, die die Ermittlungsbehörden in der Nähe des Tatorts fanden, auf Fotos präsentiert. Die Zuschauer wurden um Mithilfe gebeten.
Für manch stichhaltigen Hinweis ist die Polizei aber vor allem auf die Tröglitzer angewiesen. Sie sucht auch nach Zeugen, die in der fraglichen Nacht auffällige Vorgänge rund um das in Brand gesetzte Mehrfamilienhaus bemerkt haben. Bisher hat lediglich ein Anwohner angegeben, gegen zwei Uhr morgens zwei Personen in der Nähe beobachtet zu haben. Ein anderer Zeuge berichtete von einem Mann, der sich aber bereits gegen 1.15 Uhr schnellen Schrittes durch die Straße bewegt haben soll, in der sich das Gebäude befindet.

Im hessischen Hofheim kam es bislang nicht zu einem Brand. Doch eine Notunterkunft für Flüchtlinge auf dem Gelände einer Schule wird immer wieder angegriffen. Anfang April schoss ein Unbekannter neunmal mit einer Druckluftwaffe auf ein Fenster oberhalb des Eingangs des Gebäudes. Die Munition durchschlug die Doppelglasscheibe nicht, die äußere Scheibe wurde aber stark beschädigt. »Es handelt sich um kleine Kugeln, die auf eine Flurscheibe im ersten Stock des Gebäudes abgeschossen wurden«, berichtete ein Polizeisprecher. Ein syrischer Bewohner der Containerunterkunft in der Innenstadt von Hofheim hatte den Angriff gemeldet. Alle Bewohner seien seit dem Vorfall beunruhigt und verunsichert, berichtete der Vater eines neun Monate alten Kindes. Als Reaktion auf den Angriff erhöhte die Kommune die Sicherheitsvorkehrungen und engagierte einen privaten Sicherheitsdienst. Keine zwei Wochen später zahlte sich diese Investition aus. Am Samstagmorgen warfen zwei Männer Böller gegen das Heim. Der Sicherheitsdienst beobachtete die beiden Täter und konnte der Polizei eine Beschreibung der zu Fuß fliehenden Männer liefern. Kurz darauf nahmen Beamte einen 20 und einen 21 Jahre alten Verdächtigen fest. Die beiden Männer hatten noch weitere Böller bei sich und räumten die Attacke ein, behaupteten allerdings, nichts von der Anwesenheit der Asylsuchenden in den neu aufgestellten Containern gewusst zu haben.

Leere Container wurden in Berlin zum Ziel eines Angriffs. Bevor überhaupt die ersten Bewohner in das zweite von sechs im Ortsteil Buch geplanten Containerdörfern einziehen konnten, attackierten örtliche Neonazis in der vergangenen Woche mehrfach die Wachschützer. Zunächst war es zu Beleidigungen gekommen. Kurz vor dem Einzug der Flüchtlinge griffen dann drei Neonazis das Wachpersonal an. Zuerst riefen sie mehrfach rassistische Parolen sowie »Sieg Heil« und forderten die vier Sicherheitsleute auf, vor den Zaun zu kommen, um sich mit ihnen zu prügeln. Als diese auf die Provokationen nicht eingingen, »versuchte einer der Männer vergeblich, den Zaun zu öffnen, und spuckte zwei Wachmänner an«, berichtete ein Polizeisprecher. »Der Komplize warf eine Bierflasche über den Zaun und traf einen 28-jährigen Mitarbeiter am Ohr.« Danach seien die Angreifer weggegangen. Am Zaun hinterließen sie Flyer mit Sprüchen gegen das Heim.
Vergangene Woche zogen dennoch die ersten 45 Asylsuchenden aus überlasteten Erstaufnahmeheimen in das Containerdorf ein. Um den Schutz der Flüchtlinge zu gewährleisten, errichtete der Berliner Sozialsenator Mario Czaja (CDU) kurzfristig eine Bannmeile rund um die Unterkunft. Außerdem sollen jeweils drei Wachmänner in zwei Schichten rund um die Uhr vor den Wohncontainern für Sicherheit sorgen. Doch trotz dieser Maßnahmen seien am Tag des Einzugs drei Neonazis an Ort und Stelle gewesen und hätten gegen die Flüchtlinge protestiert, wie Innensenator Frank Henkel (CDU) im Abgeordnetenhaus bestätigte. Medienberichten zufolge soll auch der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke dort gewesen sein. Zu ihrer Demons­tration »gegen Asylbetrug und Überfremdung« am Freitag voriger Woche konnte die rechtsextreme Partei aber nur 50 Anhänger nach Buch bewegen.