Berlin Beatet Bestes. Folge 298

Heiß weht der Föhn

Berlin Beatet Bestes. Folge 298. Alfie Morgan: Ich bin so faul (1967)

Der Tag ist heiß,/heiß weht der Föhn/Oh, ich bin so faul/Ach, ist das schön/Die andern ackern und schaffen für sich,/aber keiner ist froh und zufrieden wie ich./Wenn sie sagen, ich mach´ alles völlig verkehrt,/ich finde, auch mein Leben ist was wert./Oh, ich bewundre den emsigen Boss,/ganz bestimmt fällt dem Mann das Geld nicht in den Schoß,/ aber ich schau´ auf blühende Felder hinaus/und ich ruh´ mich aus.

Zufällig klingt dieses Lob der Faulheit im Sirtaki-Rhytmus wie ein aktueller, perfider Propaganda-Witz auf Kosten der gebeutelten Griechen. Wie direkt aus einem CDU-Gehirn gekrochen. Sogar das aktuelle Wetter stimmt. Aber das ist reiner Zufall. Denn der Inhalt und die Forderung dieses einfachen Schlagers sind ganz andere. Der Text ist ernstgemeint. Heute scheint allerdings von der frech besungenen Faulheit in Zeiten der Selbstoptimierung nichts geblieben. Jetzt herrscht Arbeitswahn. Anstatt sie einzuladen, in Deutschland zu arbeiten, lässt Europa Tausende von Flüchtlingen im Mittelmeer ertrinken. Angst und Gier regieren. Alle schuften sich krumm. Obwohl er doch so dringend benötigt wird, würde niemand heute auf die Idee kommen einen »Lob der Faulheit«-Song zu schreiben.
Der großartige Text jedoch stammt von Ernst Bader, wie auch rund tausend Texte für Stars wie Freddy Quinn, Udo Jürgens, Catarina Valente, Nana Mouskuri und Adamo. Bader, ein überzeugter Sozialist und Christ, lebte lange auf St. Pauli, wo er sich auch mit dem Fotografen Günter Zint anfreundete. In seinem 1982 erschienenem St. Pauli-Buch »Die weiße Taube flog für ­immer davon« schrieb Zint: »Ernst Bader ist bis heute bescheiden und bürgernah geblieben. Er lebt ›wie jeder kleine Bürger‹ und besucht regelmäßig die SPD-Ortsvereinsversammlung in Norderstedt. Den Mietern seiner Eigentumswohnungen garantierte er testamentarisch Wohnrecht auf Lebenszeit bei niedriger Miete.« Aus der SPD trat er übrigens dreimal aus und dreimal trat er wieder ein. Als Bader 1999 starb, hielt Günter Zint die Trauerrede.
Es ist also nicht ganz unwahrscheinlich, dass auch anarchistische und sozialistische Ideen der Arbeitsverweigerung, wie sie in Paul Lafar­gues »Recht auf Faulheit« beschrieben wurden, in diesen Schlagertext einflossen.Über Alfie Morgan ist nichts bekannt. Die Single floppte und wurde nie wiederveröffentlicht.

Wir genießen mit offenen Augen die Welt./Wenn die andern sich plagen, dann träumen wir süß/wie im Paradies./Der Tag ist heiß,/heiß weht der Föhn/Oh, ich bin so faul/Ach, ist das schön./Da schlendert froh mit verliebtem Gesang,/schon mein Mädchen am Morgen die Straße entlang/und sie setzt sich zu mir dann mit fröhlichem Blick./Und dann träumen wir beide vom großen Glück./Für Küsse, da brauch ich kein Geld./Wir genießen mit offenen Augen die Welt./Wenn die andern sich plagen, dann träumen wir süß/wie im Paradies./Der Tag ist heiß,/heiß weht der Föhn/Oh, ich bin so faul/Ach, ist das schön.

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.