Berlin Beatet Bestes. Folge 301

Anzüglich in die Badesaison

Berlin Beatet Bestes. Folge 301. Die Dixie-Kavaliere: Amalie geht mit ’nem Gummikavalier (1962).

Es ist Sommer und Deutschland brütet bei 30 Grad. Also nichts wie ab an den See oder ins Meer. Am Besten mit einem Gummireifen: »Trumpf ist die Mode der Seebadsaison,/man nimmt ins Wasser Tiere,/Hunde aus Gummi in jeder Façon,/Affen, Giraffen, Tapire.«
Die Hamburger Old Merry Tale Jazzband hatte Anfang der sechziger Jahre einige Hits mit Neueinspielungen von Schlagern der zwanziger Jahre im Dixieland-Stil, wie »Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh’n«. Nachdem er viele Jahre eher ein Nischendasein geführt hatte, schaffte traditioneller Jazz es mit diesen Jazz-Schlagern bis in die Charts. Polydor versuchte sich an den Erfolg anzuhängen, plante mit den Dixie-Kavalieren aber offensichtlich keine langfristige Karriere, sonst hätten sie den Bandnamen nicht kurzerhand von Gummikavalier abgeleitet. Als Gummikavalier wurde übrigens in den zwanziger Jahren jede Form von aufblasbarer Schwimmhilfe bezeichnet. Die ersten Zeilen werden von den Dixie-Kavalieren jeweils auf Sächsisch, Berlinerisch und Hamburgisch vorgetragen. Es blieb jedoch die einzige Veröffentlichung der Gruppe um den Hamburger Posaunisten und Bandleader Günter Fulisch.
»Amalie geht mit ’nem Gummikavalier« wurde ursprünglich 1927 von Siegwart Ehrlich für die Kabarettrevue »Streng verboten« geschrieben, eine der vielen damals in Berlin beliebten Nacktrevuen. Schnell entwickelte sich »Amalie« zum Hit und wurde von verschiedenen Orchestern aufgenommen. Max Raabe hat das Lied mit seinem Palast-Orchester zuletzt originalgetreu eingespielt und nennt es in seiner Einleitung »einen sogenannten Badesaison-Schlager«.
Tatsächlich brachten die zwanziger Jahre mit der aufkommenden Bademode und der Gewohnheit, in die »Sommerfrische« an Nord- und Ostsee zu fahren, auch eine Vielzahl von Schlagern hervor, die sich, oft auf leicht anzügliche Weise, mit dem Baden beschäftigten. So zum Beispiel in Ralf Bednatzkys »Ich hab’ das Fräulein Helen baden sehn« aus dem Jahr 1925: »Ich hab’ das Fräul’n Helen baden sehn, das war schön!/Da kann man Waden sehn, rund und schön im Wasser stehn!/Und wenn sie ungeschickt tief sich bückt so,/da sieht man ganz genau bei der Frau, ooh!«
Über den 1881 in Leipzig geborenen Siegwart Ehrlich finden sich auf Wikipedia leider nur wenige Sätze. Der Fluch der Nazi-Diktatur, der Deutschlands kreativste Menschen aus dem Land jagte oder ermordete, vertrieb auch Siegwart Ehrlich. Nach einer kurzen, erfolgreichen Karriere als Schlagerkomponist flüchtete er 1933 nach Spanien und starb am 20. Januar 1941 in Barcelona.
»Amalie fand das sehr apart,/doch hat sie ihre eig’ne Art./Amalie geht mit ’nem Gummikavalier,/mit ’nem Gummikavalier ins Bad./Amalie geht mit ’nem Gummikavalier,/mit ’nem Gummikavalier ins Bad./Und sie pustet, und sie bläst ihn auf geschwinde,/an der Nordsee und im Wannsee, Travemünde./Amalie geht mit ’nem/Gummikavalier,/mit ’nem Gummikavalier ins Bad.«

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.