Notizen aus Neuschwabenland, Teil 13: deutsch-österreichische Zusammenarbeit.

Die blaue Allianz

Diese Kolumne berichtet über das Milieu der »Neuen Rechten«. Notizen aus Neuschwabenland, Teil 13: deutsch-österreichische Zusammenarbeit.

Als Autor einer Kolumne, die sich regelmäßig mit den Aktivitäten der Neuen Rechten befasst, könnte man froh sein, wenn der eigene Sonderforschungsbereich plötzlich etwas mehr Aufmerksamkeit erfährt. Nachdem die neue Rechte jahrelang ignoriert worden ist, kann sie inzwischen bis in den Kulturteil der Süddeutschen Zeitung vordringen. Dort meint Alex Rühle, man müsse nach der Blockade eines Flüchtlingsbusses in Clausnitz »mehr Kubitschek lesen«, um zu erfahren, was dem Land drohe. »Widerstandsschritte« wie in dem sächsischen Ort waren an dieser Stelle bereits Thema, daher muss sich niemand die Ergüsse von Götz Kubitschek, dem Chefredakteur der Sezession, antun. Die regelmäßige Lektüre der Jungle World ist völlig ausreichend.
Anders als Kubitschek erhält die wesentlich bedeutendere »blaue Allianz« wenig Aufmerksamkeit. Dem Mitte Februar ausgehandelten Kooperationsbeschluss der AfD und der österreichischen FPÖ war eine gemeinsame Veranstaltung in Düsseldorf vorausgegangen. Unter dem Motto »Europäische Visionen – Visionen für Europa« traten dort Frauke Petry und der nordrhein-westfälische AfD-Vorsitzende Marcus Pretzell mit den FPÖ-Spitzenfunktionären Hans-Christian Strache und Harald Vilimsky zusammen. Zukünftig wolle man den Austausch intensivieren, hieß es. Auch europapolitisch ist die Annäherung interessant. Die AfD erfährt Widerspruch in der Fraktion der rechtskonservativen »Europäischen Konservativen und Reformer« (EKR), da wäre ein Wechsel zur Fraktion »Europa der Nationen und der Freiheit« naheliegend, in der neben der FPÖ auch der Vlaams Belang, der Front National, die britische Ukip und andere organisiert sind. Dort wäre keine Rüge zu befürchten, sollten führende Parteipolitiker wieder von scharfen Schüssen an der Grenze schwadronieren.
Georg Nagel von der neurechten Nachwuchszeitschrift Blaue Narzisse sind solche Skrupel ebenfalls fremd. »Es muss geschossen werden«, schrieb er kürzlich. Als ehemaliger Sprecher der Wiener Pegida ist Nagel ein Beispiel für die bereits bestehende deutsch-österreichische Zusammenarbeit am rechten Rand. Das gilt auch für den österreichischen Identitären Martin Sellner, der sich am 6. Februar bei Pegida in Dresden mit »Wir sind das Volk«-Rufen feiern ließ. Sein kurz darauf im Blog der Sezession veröffentlichter »Wink«, wie die Einträge dort heißen, bestätigt erneut die diskursive Stra­tegie des Milieus. Der Kampf um »Narrative« ist voll im Gange. Inzwischen hat Sellner angekündigt, auf einem Kongress der AfD-Nachwuchsorganisation »Junge Alternative« am 4. März in Göttingen zu sprechen.
Der Jungen Freiheit ist ein Mediencoup gelungen. Die von ihr veröffentlichten E-Mails des Welt-Redakteurs Günther Lachmann führten zu dessen Entlassung. Zuvor hatte Pretzell das Angebot des Welt-Journalisten öffentlich gemacht, die AfD für 4 000 Euro im Monat in PR-Fragen zu beraten. Lachmann, der für die Welt ­regelmäßig über die Partei berichtete, hatte seine Offerte als eine »Versicherung gegen alle Versuche, die Partei rechts zu verorten«, angepriesen. Pretzell zufolge hatte Lachmann verdeckte Honorarzahlungen für seine Dienste vorgeschlagen. Seine Tätigkeit bei der Welt wollte er weiterführen.
Was zunächst nach einem Angebot eines korrupten Journalisten aussieht, entpuppte sich als Teil der Grabenkämpfe in der AfD. Erstens liebäugelt Lachmann mit einigen Programmpunkten der Partei, wie die Webseite uebermedien.de mit einer Analyse seiner Texte zeigte. Zudem haben die Fraktionen der AfD, die Pretzell und Petry skeptisch begegnen, die Affäre bedauert. Den Vorstandsmitgliedern Jörg Meuthen und Alexander Gauland wäre es lieber gewesen, das Angebot zur Mitarbeit diskret zu behandeln. Immerhin hat die Welt nun einen Autor verloren, der über Gauland und Meuthen positiv berichtete. Auch hier empfiehlt sich alternativ die Lektüre der Jungle World, die gewichtet gleichmäßig negativ.