Berlin Beatet Bestes. Folge 328.

Drogen und Schlachtereien

Berlin Beatet Bestes. Folge 328. Aris San »Boumpam« (1967).

Eine 10-inch im Neuigkeitenfach des Plattenladens macht mich neugierig. Aris San? Nie gehört. Das Label kenne ich auch nicht. Spärliche Informationen auf der Rückseite: »Recorded in Tel Aviv, 1967 & 1972, Fortuna Records 2015. Licensed courtesy of Azoulay Brothers & NMC United«. Es ist also kein Bootleg, sondern eine legale Nachpressung. Ich lege die Platte auf und habe mich schon nach wenigen Sekunden entschieden. Gekauft! Zu Hause höre ich mir beide Songs in Ruhe an. Ja, die 10-inch besteht nur aus zwei Titeln, beide über sechs Minuten lang. Die klingen dafür aber richtig gut. Hä, das ist aber nicht Hebräisch, stelle ich fest. Aris San singt Griechisch! Dazu spielt er wie ein Besessener Gitarre, oder ist das eine Bouzouki? Beide Songs sind jedenfalls folkloristisch eingefärbt und werden von einer klassischen Rockbesetzung begleitet. Nahost-Beat-Exotica! Ich freue mich schon darauf, die Songs in eines meiner DJ-Sets einzubauen. Tolle Platte, aber wer ist Aris San? Zum Glück gibt es Wikipedia, Discogs und Youtube.
Aristides Saisanas wird 1940 im griechischen Kalamata geboren. Im Alter von 17 Jahren segelt er von Athen nach Israel. Noch an Bord verkürzt er seinen Namen und nennt sich fortan Aris San. Zunächst beginnt er, im Nachtclub Arianna in Jaffa zu spielen, einem Club für griechische Juden. Hier muss San seinen späteren Sound entwickelt haben. Jedenfalls schafft er es in den Sechzigern, griechische Musik in Israel, in der Türkei und im Nahen Osten enorm zu popularisieren. »Boumpam« wird ein richtiger Hit und verkauft sich über 100 000 Mal. Aris San wird israelischer Staatsbürger und im Laufe der Zeit Mitbesitzer von vier Nachtclubs. Zu seinen Freunden zählen Generäle und Politiker wie Mosche Dayan.
Es gibt Gerüchte, San sei ein Spion. Bereits Ende der Sechziger verlässt er Israel wieder, siedelt in die USA über und eröffnet 1971 in New York den Nachtclub Scirocco, einen Treffpunkt der Stars und der Mafia. Am Ende wird der Club vom FBI durchsucht, Drogen werden sichergestellt. San, selbst drogenabhängig, wandert für zwei Jahre in den Knast. Nach seiner Entlassung eröffnet er eine Schlachterei in Harlem und einen weiteren Nachtclub, der aber erfolglos bleibt. Aris San stirbt 1992 unter mysteriösen Umständen in Budapest.
Mit Aris Sans Geschichte von Aufstieg und Fall beschäftigt sich auch der 2007 erschienene Dokumentarfilm »The Mystery of Aris San« von Dalia Mevorach und Dani Dothan. Die Hits des Ethno-Rock-Pioniers Aris San hat zum Glück jetzt das israelische Label Fortuna auf Vinyl wiederveröffentlicht.
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.