Wie geschmiert

Man muss kein Prophet sein, um zu der Vorhersage zu kommen, die der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Dienstag bei der Betriebsversammlung von VW präsentierte: »Wir werden wahrscheinlich in diesem Jahr immer wieder einmal mit unangenehmen Nachrichten im Zusammenhang mit Diesel-Gate konfrontiert werden.« Eine in Deutschland kaum zur Kenntnis genommene unangenehme Nachricht gab es bereits im Februar. Beim Harris Poll, der das Ansehen der »100 Most Visible Companies« in den USA untersucht, landete VW auf dem letzten Platz, noch hinter Monsanto und Goldman Sachs. Man kann daraus folgern, dass die US-Amerikaner den systematischen Betrug bei den Abgaswerten etwas ernster nehmen als die Deutschen, die sich so viel auf ihr Umweltbewusstsein zugute halten. Dass es in den USA eine andere Haltung gegenüber corporate crime gibt als im korporatistischen Deutschland, ist keine ganz neue Nachricht. Bereits 1999 klagte das Manager Magazin über »erbarmungslose Behörden und ein Rechtssystem aus der Zeit des Wilden Westens«. Die Amis machen das natürlich mit Absicht: »Ob Produkthaftungs-, Kartell- oder Holocaust-Verfahren, nahezu alles, was in der drittgrößten Wirtschaftsnation der Welt Rang und Namen zu verlieren hat, steht bei seinem engsten Verbündeten vor dem Kadi.«
Antiamerikanismus dürfte denn auch die Verteidigungsstrategie von VW werden. Der Süddeutschen Zeitung zufolge legte der Konzernvorstand dem Landgericht Braunschweig einen Schriftsatz vor, der besagt, man »habe annehmen dürfen, mit den US-Behörden sei eine ›konsensuale Lösung möglich‹«. Ob die Manager wirklich so naiv waren, ist fraglich, aber den US-Behörden soll nun die Verantwortung zugeschoben werden. Dabei hilft der VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh: »Sollte die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen durch eine Strafzahlung in bislang einmaliger Höhe nachhaltig gefährdet werden, wird dieses auch dramatische soziale Folgen haben.« Es war also pure Geldverschwendung, dass der damalige VW-Manager Peter Hartz Osterlohs Vorgänger bestach. Das Co-Management funktioniert auch so wie geschmiert. Dem Betriebsrat Osterloh gilt es als selbstverständlich, dass die Lohnabhängigen für Verluste aufkommen, und der Aufsichtsrat Osterloh hat von den Abgasmanipulationen nie etwas bemerkt. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die US-Amerikaner wieder mit Hasspredigten über ihre antideutschen Wildwest-Methoden bedacht werden.