Antisemitismus: ARD distanziert sich von Roger Waters

Immerhin ein Fortschritt

Mehrere ARD-Sender beenden ihre Kooperation mit dem früheren Pink-Floyd-Musiker und BDS-Unterstützer Roger Waters.
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Ende November wurde bekannt, dass der WDR nicht mehr mit Roger Waters für dessen Kölner Konzert im Juni 2018 kooperieren wird. NDR, BR, SWR und RBB zogen nach. Die Sender wollen die sechs in Deutschland geplanten Veranstaltungen nicht mehr präsentieren und auch nicht übertragen.

Sie begründen ihre Entscheidung mit der exponierten Rolle, die der Musiker bei internationalen Kampagnen gegen Israel einnimmt, speziell bei BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) und Artists for Palestine. Waters versucht mit großem Aufwand, Künstler von Auftritten in Israel, von gemeinsamen Konzerten mit israelischen Kolleginnen und Kollegen sowie von der Zusammenarbeit mit »zionistischen« Einrichtungen abzuhalten.

Vielleicht wirkt es kleinkariert, wenn man sich an der Begründung  stößt, mit der der Intendant sein Nachgeben erklärt. Aber diese Begründung entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Aneinanderreihung von Anmaßungen.

Zuletzt mussten Radiohead und Nick Cave unerfreuliche Bekanntschaft mit dem ehemaligen Frontmann von Pink Floyd machen. Vier Monate vor dem Anschlag im Pariser Bataclan waren auch die Eagles of Death Metal von Waters bedrängt worden, einen Israel-Besuch abzusagen.

Der Schritt des WDR geht zurück auf eine Petition der Kölner Bürgerin Malca Goldstein-Wolf an den WDR-Intendanten Tom Buhrow. Sie empörte sich darüber, einen Judenhasser mit öffentlich-rechtlichen Mitteln zu unterstützen: »Will der WDR tatsächlich das neue ›Kauft nicht bei Juden‹ unterstützen?« Buhrow lenkte ein. Gut so.

Vielleicht wirkt es kleinkariert, wenn man sich an der Begründung  stößt, mit der der Intendant sein Nachgeben erklärt. Aber diese Begründung entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine Aneinanderreihung von Anmaßungen. Buhrow antwortete Goldstein-Wolf Folgendes: »Vielen Dank für Ihre Mail und Ihre ehrlichen Worte, die mich berühren. Ich spüre, dass nicht viele Worte und Argumente Sie überzeugen werden, sondern nur eine eindeutige Handlung. Die gebe ich Ihnen, denn mir ist wichtig, dass Sie mir glauben, wie wichtig mir Ihre Empfindungen sind.«

Buhrow respektiert nicht die inhaltliche Kritik von Goldstein-Wolf, sondern ihre Empfindungen. Der Intendant betrachtet den Konflikt aus der Warte eines Feudalherren. Er hätte zwar, wie er zu verstehen gibt, viele Worte und Argumente, die er gegen das Anliegen der Bittstellerin vorbringen könnte.

Souverän, wie er ist beziehungsweise sich vorkommt, weiß er jedoch, dass das ein sinnloses Unterfangen wäre. Das heißt: Mit Argumenten komme ich bei der hysterischen Szene sowieso nicht an.

Also gewährt er eine Handlung: »Die gebe ich Ihnen.« Im Gegenzug beansprucht Buhrow, dass wir ihm dankbar sind, und erwartet, so das Vertrauen in seinen Sender wiederherzustellen, das er mit seiner Weigerung, die Dokumentation »Auserwählt und ausgegrenzt« unzensiert auszustrahlen, verspielt hat.

Buhrow sagt nicht, dass es ein Fehler war, die Waters-Konzerte präsentieren zu wollen, und er erklärt auch nicht, wie man überhaupt darauf kommen konnte. Sein Mangel an Einsicht ist schlicht deprimierend. Manchmal kann einen der Fortschritt anwidern, aber es ist immerhin ein Fortschritt.