უცხოეთი - Die rechtsextreme Randale in Connewitz 2016 wird vor Gericht verhandelt

Harte Strafe für rechte Provokation

Mehr als 200 Rechtsextreme randalierten im Januar 2016 im links­alternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz. Zwei von ihnen wurden kürzlich zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Es war eine bewusste Provokation und sie muss hart bestraft werden – so sah es zumindest Marcus Pirk, Richter am Amtsgericht Leipzig. Er verurteilte Ende August die beiden 26jährigen Angeklagten Martin K. und Dennis W. zu jeweils einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich die beiden Männer am 11. Januar 2016 an den von Rechtsextremen verübten Ausschreitungen im Leipziger Stadtteil Connewitz beteiligt hatten.

An jenem Abend feierte der örtliche Pegida-Ableger Legida den ersten Jahrestag seiner Gründung. Etwa 3 000 Sympathisanten versammelten sich damals im Stadtzentrum und hörten unter anderem, wie die ehemalige Pegida-Anführerin Tatjana Festerling dazu aufrief, mit Mistgabeln gegen Politiker und Journalisten vorzugehen. Während es hier bei Gewaltaufrufen blieb, griffen einige Kilometer südlich mehr als 200 Personen tatsächlich zu den Waffen. Mit Baseballschlägern, Steinen, Böllern und Äxten marschierten sie im linksalternativen Connewitz ein und richteten innerhalb von zehn Minuten einen Schaden in sechsstelliger Höhe an. Mehrere Dutzend Geschäfte und Autos wurden beschädigt.

Die Ermittlungsbehörden brauchten lange, um zu Ergebnissen zu kommen. Erst im Juni 2017, anderthalb Jahre nach dem Überfall in Connewitz, kam es es am Landgericht Dresden zu einem ersten Prozess. Ein Mitglied der »Freien Kameradschaft Dresden« wurde wegen des Connewitz-Überfalls und weiterer Taten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt.

Dass es bei dieser einen Verurteilung nicht bleiben würde, wurde Anfang 2018 deutlich. Kurz bevor sich der Neonaziangriff zum zweiten Mal jährte, wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Leipzig mehrere Dutzend Per­sonen angeklagt hatte. Mittlerweile ist klar, dass allein am Amtsgericht Leipzig fast 100 Verfahren stattfinden sollen – in der Regel sind jeweils zwei Personen gemeinsam angeklagt.

Mit Martin K. und Dennis W. ging es am 16. August los. Beiden wurde schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen, also eine Beteiligung an den bewaffnet durchgeführten Ausschreitungen. Eine konkrete Sachbeschädigung legte man ihnen nicht zur Last.

Während die Angeklagten schwiegen, kamen zahlreiche Zeugen zu Wort. Fünf Polizisten schilderten, wie sie zunächst bei der Jubiläumsfeier von Legida im Einsatz gewesen und im Lauf des Abends nach Connewitz gerufen wor­den seien. Offenbar ging die Polizei zunächst von einer linken Spontandemonstration in Richtung einer Außenstelle der Polizei aus, die zuvor bereits mehrfach angegriffen worden war. Dass es sich nicht um Linke handelte, erkannten die Beamten ihren Schilderungen zufolge an den teilweise von rechten Demonstrationen bekannten Gesichtern und an der Tatsache, dass die Vermummten nicht in angrenzende Häuser flüchteten. »In der Regel gehen bei so etwas die Türen auf und dann sind die weg«, sagte ein Polizist.

Im Widerspruch zu manchen Angaben der Polizisten standen die Schilderungen einiger Anwohner. Während die Beamten der

Ansicht waren, an dem Abend nahezu alle Randalierer festgenommen zu haben, berichteten Augenzeugen, dass zahlreiche Personen in andere Richtungen entkommen seien. Zum angerichteten Schaden sagte ein Anwohner: »Die haben die Straße in Schutt und Asche gelegt.«

Am Ende des ersten Verhandlungstages äußerten sich noch LKA-Mitarbeiter zu den Aussagen einiger Neonazis: Diese hätten zwar ihre Anwesenheit in Connewitz bei Vernehmungen zugegeben. Allerdings hätten die Nazis auch gesagt, vorab nichts von einem geplanten Angriff gewusst zu haben und davon ausgegangen zu sein, lediglich zur Legida-Demonstration zu laufen.

Ähnlich argumentierten eine Woche später die Anwälte von Martin K. und Dennis W.: Erwiesen sei lediglich, dass sich die Angeklagten unter den in einer Seitenstraße von der Polizei eingekesselten Personen befunden hätten. Was sie zuvor gemacht hätten, sei unklar geblieben, so die Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft verwies hingegen auf Aussagen der Polizisten, wonach keiner der Festgenommenen an Ort und Stel­le geäußert habe, unschuldig in die Maßnahme geraten zu sein. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Obwohl beide Angeklagten noch keine Vorstrafen hätten, komme eine Bewährung nicht in Betracht, so die Staatsanwaltschaft.

Dem schloss sich Richter Pirk an. »Alles spricht dafür, dass Sie dort mitgegangen sind und nicht zufällig hineingeraten sind«, sagte er zu den Angeklagten. Allein durch ihre Anwesenheit hätten sie zum Gelingen des Angriffs beigetragen. Zudem habe es sich um ei­ne klare Provokation in einem eher ­linken Stadtteil gehandelt, die noch schlimmer hätte enden können.

Kerstin Köditz, Sprecherin für antifaschistische Politik der sächsischen Landtagsfraktion der Linkspartei, bezeichnete das Urteil als »empfindlich«. Es sei »ein deutliches Signal des Gerichts und vor allem eine wichtige Klarstellung zum politischen Hintergrund der Tat«. Ob es bei der Gefängnisstrafe bleibt, wird sich vermutlich erst in einigen Monaten herausstellen. Mindestens einer der Anwälte hat Berufung eingelegt. Dutzende weitere Verfahren gegen andere Tatverdächtige sollen an dem Amtsgericht in den kommenden Monaten folgen.