Erhöhte Radioaktivität in Russland

Tschernobyl mit Mach 10

Seite 2 – »Fliegendes Tschernobyl«
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Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vor anderthalb Jahren neue Marschflugkörper vorgestellt, mit denen Russland auf die Modernisierung des US-Arsenals antworten werde. Sie verfügten über einen Nuklearantrieb, mit dem sie praktisch auf dem gesamten Planeten Ziele erreichen könnten. Eine vom russischen Verteidigungsministerium produzierte Videoanimation zeigt den Flugkörper, wie er über Berge und Täler saust, einen weiten Bogen über den Atlantik nimmt, die feindliche Abwehr elegant umfliegend, um bei Feuerland in den Pazifik einzuschlagen.

Da sich das Gerät mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit bewege – Mach fünf, Mach zehn oder sogar Mach 20 –, verdamme es alle westlichen Raketenabwehrsysteme zur Nutzlosigkeit, meinte Putin unter dem Beifall der versammelten Nomenklatura. Anfang Februar kündigte die US-Regierung den INF-Vertrag, der die nukleare Abrüstung im Mittelstreckenbereich regelt, da sie Russland Vertragsverletzungen vorwarf, das kurz darauf ebenfalls ausstieg. Am 2. August lief der Vertrag offiziell aus.

Die oppositionelle Zeitung Nowaja Gaseta bezeichnet die neuen Marschflugkörper als »fliegendes Tschernobyl«. Sie hat die Clips des Verteidigungsministeriums reproduziert und sie mit Musik aus Beethovens 5. Sinfonie, der Schicksalssinfonie, unterlegt. Die Dauer eines Beethoven-Satzes hat allerdings noch keines dieser Objekte als Flugdauer erreicht, weder in Russland noch in den USA noch in China.