Die Rote Hilfe will sich erneuern

Ein Traditionsverein frischt auf

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Auf Plakaten und einer Internetseite präsentiert die RH ihre Arbeit in einem Stil, der im Vergleich mit dem sonst häufig eher altbackenen Layout von RH-Publikationen geradezu frisch ­erscheint. Die Kampagne soll den Behauptungen der Behörden, auf die sich die Berichterstattung über die RH meist stützt, eigene Informationen entgegensetzen. Durch eine bessere Werbung für Veranstaltungen der Ortsgruppen der RH soll Interessierten der Zugang zu der Organisation erleichtert werden.

Dass die RH seit 2017 zum zentralen Feindbild im Bereich des »Linksextremismus« wurde, hat mehrere Ursachen. Es gibt schlicht kaum andere große linke Organisationen, denen man ein Mindestmaß an Radikalität unterstellen kann. Als kontinuierlich arbeitender eingetragener Verein mit Satzung, Bundesvorstand, Geschäftsstelle und Mitgliedsbeiträgen ist die RH für die Behörden zudem viel leichter zu greifen als kurzlebige Grüppchen oder amorphe Szenen.

AfD-Abgeordnete in Kommunen, Ländern und im Bund versuchen, linke Politikerinnen und Politiker mit Verweis auf deren Mitgliedschaft in der RH als »linksextrem« zu denunzieren. Nachdem sich Ralf Christoffers, der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im brandenburgischen Landtag, im März vergangenen Jahres für eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ausgesprochen hatte, wies der dortige AfD-Landesvorsitzende Andreas Kalbitz auf die RH-Mitgliedschaft Isabelle Vandrés hin, einer Landtagsabgeordneten der Linkspartei. Christoffers, so Kalbitz, solle »nicht von seinem eigenen Extremismusproblem auf andere schließen, sondern erst einmal für eine saubere Abgrenzung vom Extremismus in den eigenen ultraroten Reihen sorgen«. 

In Nordrhein-Westfalen forderte die AfD-Landtagsfraktion die Landesregierung im Februar in einem Antrag dazu auf, »auf Landesebene die Möglichkeit eines rechtssicheren Verbots der in Nordrhein-Westfalen ansässigen Orts- und Regionalgruppen (der RH, Anm. d. Red.) zu prüfen, und – wo möglich – herbeizuführen«.

Gefährlich werden könnten der RH Entwicklungen in der Sicherheitspolitik. Rechtsstaatliche Garantien und Mindeststandards im Polizeirecht und in der Strafverfolgung werden in jüngster Zeit geschleift, wie etwa die Grundrechtseingriffe zeigen, die mit den seit Mai vergangenen Jahres verabschiedeten neuen Polizeigesetzen in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen einhergingen. Dass die RH das Grundrecht von Angeklagten verteidigt, ihre juristische Verfolgung durch Aussageverweigerung ­gegenüber Polizei und Justiz möglichst effektiv zu behindern, erscheint da geradezu staatsfeindlich.

Der enorme Mitgliederzuwachs und die Öffnung für bislang kaum mit ihr in Verbindung stehende Gruppen sind eine Herausforderung für die RH. Kontroverse Diskussionen innerhalb des Vereins, etwa die Debatte über den Umgang mit der DDR-Geschichte, werden mittlerweile von einer größeren linken Öffentlichkeit verfolgt, die sich auch einmischt. Mit solchen Kontroversen umzugehen, dürfte die RH in nächster Zeit einige Mühe kosten. Vor allem aber muss der Verein sich darauf einstellen, dass die Verteidigung der eigenen Existenz in den kommenden Jahren ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit bleiben wird.