Missverständnisse über Meinungsfreiheit

Das wird man doch wohl noch sagen dürfen

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Gastbeitrag Von

Einer der Demonstrierenden stellte den Deutschen gar in Aussicht, sich nur dann von der deutschen Vergangenheit reinwaschen zu können, wenn man sich ihrer Aktion anschlösse, was an verquerer antisemitischer Logik kaum zu überbieten ist.

Zuletzt behauptet die irische Autorin noch, die Tatsache, dass die meisten deutschen Künstler sich nicht mit den BDS-Aktivisten solidarisieren, habe damit zu tun, dass sie Angst vor Israelkritik hätten und damit vor Nachteilen gegenüber ihrer Karriere hätten, und nicht etwa, weil sie Antisemitismus ablehnen. Was wiederum antisemitische Muster über eine „jüdische/“zionistische“ Verschwörung“ hervorstechen lässt, von bösartigen Lobbys und nicht etwa von Zivilcourage gegen Antisemitismus.

Deutschland als proisraelische Diktatur – und eine Diktatur als mutiger Kämpfer für Meinungsfreiheit

Deutschland zensiere also pro-palästinensische Meinungen, heißt es, über ein Land, das jedes Jahr die antisemitischen al-Quds-Demonstrationen des iranischen Regimes frei abhalten lässt und bis vor kurzem auch die Fahnen der Hezbollah erlaubte. Ein Land, dessen Behörden Brandanschläge an Synagogen schon einmal als politischen Protest darstellen und keineswegs als antisemitisch.

Besonders ironisch an dem Argument, gerade Deutschland verstoße gegen die Meinungsfreiheit, ist natürlich, dass Al Jazeera von der absoluten Monarchie Qatar finanziert und gesteuert wird, in der es keine Opposition und kein Parlament gibt. Der Emir verspricht bereits seit der Verabschiedung einer neuen Verfassung im Jahr 2003, es werde im Land bald endlich Parlamentswahlen zu einer bislang ausschließlich vom König kontrollierten, schwachen „beratenden Versammlung“ geben, ein Versprechen, das die al-Thani-Königsfamilie jedes Jahr seit 16 Jahren unaufhörlich erneuert. Zum Zeitpunkt dieses Artikels wurden immer noch keine Wahlen abgehalten, was angesichts der lächerlich unbedeutenden Kompetenzen dieses Gremiums aussagekräftig ist.

Dieser Artikel ist nur einer von einer langen Liste von überwiegend westlichen BDS-Aktivisten, die die Meinungsspalten des unter einigen linken westlichen Kreisen einflussreichen Mediums mit Pro-BDS-Artikeln füllen. Unter den letzten vier Meinungsartikeln des Mediums (Stand 24. September 2019) kritisierte einer die mangelnde Boykotthaltung der „arabischen Liste“-Parteien in Israel gegenüber israelischen Politikern als „Rechtfertigung Israels“ und einer „erklärte“ bzw. kritisierte die Ablehnung der Hamas durch Saudi-Arabien. Kurze Erinnerung: Die Hamas zitierte bis 2017 in ihrem Parteiprogramm die „Protokolle der Weisen von Zion“, einer antisemitischen Fälschung, die auch von den Nationalsozialisten zur Rechtfertigung des Holocaust verwendet wird. Sie verlangt im neuen Programm 2017 den „Widerstand und Jihad für die Befreiung Palästinas“, definiert als das „gesamte Palästina“ vom Jordan bis zum Mittelmeer, mit „allen Mitteln“ (darunter Terroranschläge gegen Zivilisten) und behauptet, „die zionistische Entität“ sei eine Bedrohung für die „islamische Ummah“ und die arabische Gemeinschaft und sogar eine Gefahr für den Weltfrieden.