Das US-amerikanische Jugend- und Amateursportsystem wird immer korrupter

Sport nur für Reiche

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Dass bei Schul- und Unisportlern in den USA nicht so genau auf die eigentlichen Zugangsvoraussetzungen geschaut wird, ist allgemein bekannt. Seit der Collegesportverband NCAA auch gute Noten als Voraussetzung für die Teilnahme an den sportlichen Wettkämpfen verlangt, werden bei den Sportlern auch mal beide Auge zugedrückt und bessere Noten als eigentlich verdient verteilt. Im Skandal über die gekauften Collegezulassungen für Sprösslinge Reicher und Prominenter lag das Besondere darin, dass die betroffenen Jugendlichen gar kein Interesse an der Sportart hatten, mit der sie ihren Studienplatz bekamen, und natürlich auch kein Talent dazu; es reichten ein paar Bilder im Trikot und Geld.

Ein anderer, gerade zu Ende gegangener Prozess – es ging um die Benachteiligung von Studienplatz­bewerbern mit asiatischem Hintergrund – erlaubte erstmals einen Einblick in die Zulassungspraxis der Harvard University. Dabei wurden ethnische Hintergründe genauso beleuchtet wie die finanzielle Situation der Familien. Als Beweismittel bei dem genannten Prozess genutzt, ist nun öffentlich, was eigentlich streng geheim bleiben sollte, und kann wissenschaftlich ausgewertet werden.

In einem gemeinsamen Papier von Forschern dreier Universitäten, federführend verfasst vom Wirtschaftswissenschaftler Peter Arcidiacono von der Duke University, das auf den Daten aus dem Prozess beruht, stellten die Forscher fest, dass 29 Prozent der akzeptierten Bewerber zu der Kategorie ADLC gehörten. ADLC steht dabei für Athletes (Sportler, zehn Prozent), Legacies (Eltern waren schon auf der Universität, 14 Prozent), Dean’s List (Angehörige von Großspendern, 9,5 Prozent) und Kinder von Fakultätsangehörigen (1,5 Prozent). Viele ADLC-Bewerber punkten nicht nur in einer der Kategorien, deshalb ist die Summe der prozentualen Anteile höher als die Gesamtprozentzahl. Von den zugelassenen ADLC-Bewerbern hätten drei Viertel im normalen Auswahlverfahren, in dem es um Testergebnisse und Schulnoten geht, keine Chance gehabt, angenommen zu werden.

Nach Hautfarbe betrachtet kommen mehr als 43 Prozent der weißen Studenten über eine ADLC-Kategorie zu ihrem Studienplatz, bei allen anderen liegen die Zahlen unter 16 Prozent – jeweils verglichen mit den Nicht-ADLC-Studenten. Dass die Eltern der ADLC-Studenten zu den Topverdienern in den USA gehören, kann man schon anhand der Großspender- und Legacy-Kategorien vermuten. Überraschender jedoch ist, dass auch bei den Sportlern die Familieneinkommen deutlich über dem Durchschnitt aller zugelassenen Studenten liegen.