Das US-amerikanische Jugend- und Amateursportsystem wird immer korrupter

Sport nur für Reiche

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Harvard vergibt, wie die anderen Ivy-League-Universitäten auch, keine Sportstipendien. Auch die Spitzensportler müssen ihre Studiengebühren bezahlen. Hochtalentierte Sprösslinge einkommensschwacher Familien werden sich auch deswegen häufig für eine andere Universität entscheiden, bei der sie dank ihrer sportlichen Leistungen keine Studiengebühren zahlen müssen. Doch in dem Papier stellen die Forscher stattdessen fest, dass es noch ganz andere Gründe dafür gibt. Die meisten Harvard-Sportler sind ­keine ­Aspiranten auf eine professionelle Sportlerkarriere. In der Be­wertung der sportlichen Leistungen der Kandidaten fällt auf, dass mancher für die gelegentliche Teilnahme an einem Golfkurs eine bessere ­Bewertung erhält als jemand, der in der High School Football mit dazu­gehörigem regelmäßigen Training gespielt hat. Die ADLC-Athletes spielen auch eher Baseball, Eishockey, Golf, Lacrosse, Tennis, Squash, Wasserball oder Volleyball, fahren Ski, rudern, fechten oder segeln. Zumeist Sportarten, die nicht gerade an jeder High School angeboten werden. In den USA gibt es dafür sogar schon einen Begriff: rich-kids sports. Einer Umfrage des Harvard Crimson Survey zufolge verdienen die Eltern der durch ihre sportlichen Leistungen angenommen Studenten doppelt so häufig mehr als 500 000 Dollar im Jahr, als dass sie ein Einkommen von weniger als 80 000 Dollar haben. Ab einer halben Million Dollar Jahreseinkommen zählt man zu dem einen Prozent Topverdiener im Land.

Die praktizierte Sportart ist auch noch nach dem Collegebesuch wertvoll. Die großen Anwaltskanzleien, Investmentbanken und Unternehmensberatungen – wo hohe Gehälter und Status winken – schauen auf zwei Dinge: Erstens, ob es einen Abschluss an einer der Eliteuniversitäten gibt, und zweitens, was die Kandidaten in ihrer Freizeit gemacht haben – wobei Sportarten wie Hockey, Tennis, Squash und Rudern Pluspunkte bringen. Die Frage nach der Sportart ist schließlich auch deutlich unverfänglicher als die, die eigentlich dahintersteht, nämlich ob des Bewerbers Eltern denn auch ­genauso reich sind wie die eigenen. So kann die Elite unter sich bleiben, ohne es offen auszusprechen.