Die neue Linke in Japan

Japans neue Linke

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Reportage Von

Ebenfalls ohne Militanz lief Ende ­Oktober der »Shibuya Protest Rave« ab, eine antifaschistische Rave-Parade mitten durch Tokios wohl berühmtestes Vergnügungsviertel. Die etwa 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren vor allem junge, studentische Hipster. Ihr Forderungskatalog war breit gefächert, es ging unter anderem gegen Atomkraft, zu hohe Mieten und Nazis. Die anschließende Party im nahegelegenen Yoyogi-Park wurde von der Polizei untersagt, also wich man in einen schicken Club aus, in dem weiter aufgelegt wurde.

Gegen Kaiser und Olympia

Eine weitere linke Demonstration Ende Oktober in Tokios Stadtteil Shinjuku: Diesmal geht es gegen die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio. »Als ich ein Anti-Olympia-Shirt trug, wurde ich zuerst in eine andere Schule versetzt. Dort wurde mir gesagt, ich dürfe nicht mehr unterrichten, sollte ich das noch einmal machen«, erzählt eine Demonstrationsteilnehmerin. Ihren Namen will sie nicht nennen. »Die von der Regierung verordnete ›olympische und paraolympische Erziehung‹ in den Grundschulen ist eine Initiative zur Stärkung des Nationalstolzes«, sagt sie. »Im Ernst, dazu gehört auch, dass die Kinder traditionelles japanisches Essen wie etwa Misosuppe kochen lernen müssen. Da kommt mir das Kotzen.« 

Mitglieder der »Japan First Party« in Machida

Bild:
Gregor Wakounig

Tatsächlich ist »sich als Japaner zu fühlen und stolz darauf zu sein« eine der fünf »Säulen« des staatlichen Erziehungsprogramms. Organisiert hat die Demonstration die linksautonome »Antiolympische Vereinigung«. Sie besteht aus kaum drei Dutzend Mitgliedern, die im Gewusel vor dem Bahnhof Shinjuku, einem der Bahnhöfe mit dem höchsten Passagieraufkommen weltweit, fast untergehen.