Ein Gericht hat den sächsischen Verfassungsschutz in die Schranken gewiesen

Sieg für Ulrich Undeutsch

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Weil das LfV anlässlich von Konzerten Ordnungsbehörden einschaltete, kam es auch mehrmals zu großen Polizeieinsätzen. Karli von der Band Dr. Ulrich Undeutsch sagte im Gespräch mit der Jungle World, bei einigen Konzerten der Band in sächsischen Kleinstädten seien mehr Polizeikräfte unterwegs ­gewesen als Konzertbesucher, die es zu den Veranstaltungen geschafft hätten. In der Kreisstadt Brand-Erbisdorf im Landkreis Mittelsachsen rief der Einsatzleiter einer Polizeieinheit den ­Veranstalter des Konzerts auf dessen privatem Handy an und bat um eine Nachricht, wenn das Konzert vorbei sei, damit er seine Leute abziehen könne. Wie die Polizei an die Telefonnummer kam, ist nicht bekannt.

Der Bürgermeister der ebenfalls im Landkreis Mittelsachsen gelegenen Gemeinde Leubsdorf untersagte mit einem amtlichen Schreiben ein Konzert der Band Dr. Ulrich Undeutsch beim Pfingstfest des SV Grün-Weiß Leubsdorf, das im Juni stattfinden sollte. »Jede Art politischer Auftritte und meinungsbildender Maßnahmen sind nicht gestattet«, heißt es in dem Schreiben des Bürgermeisters Dirk Fröhlich (CDU) an den Verein.
Das Bundesverfassungsgericht hat in unterschiedlichen Urteilen festgestellt, dass die durch Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetzes garantierte Kunstfreiheit ein besonders schützenswertes Gut sei. Als richtungsweisend gilt ein Urteil vom 17. Februar 2000. Das ­Gericht stellte damals fest, dass der demokratische Rechtsstaat auch »eine plakative, drastische Kritik mit satirischem Einschlag an gesellschaftlichen und politischen Zuständen« aushalten müsse. Das Grundgesetz schütze durchaus das Recht, Liedzeilen wie »Deutschland muss sterben, damit wir leben können« oder »Deutschland verrecke« ­öffentlich darzubieten.

Der Rechtsanwalt Raik Höfler, der die Klagen der sächsischen Bands gegen den Verfassungsschutz führte, sagte der Jungle World, er sei enttäuscht darüber, dass Fragen von Kunstfreiheit und Zensur nicht vor Gericht geklärt werden konnten, weil das LfV die Klageforderungen bereits vor der mündlichen Verhandlung akzeptiert habe. »Der Verfassungsschutz hatte offenbar nichts gegen die Bands in der Hand, was juristischen Wert hat«, so Höfler. So wie die Behörde arbeite, müsste sie seiner Auffassung nach wahrscheinlich mindestens jede zweite Punkband überwachen, auch Bands wie Die Ärzte oder Die Toten Hosen, womöglich selbst die Rolling Stones.