Wie die US-Lokalpresse über die Stürmer des Capitol berichtet

Provinzblätter bei der Arbeit

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Es waren die Wochen der US-Lokaljournalisten, die für Zeitungen schreiben, von denen man bis dahin nicht einmal ahnte, dass sie existieren. Weil sie in langen, meist umfassend recherchierten Artikeln über ihre jeweiligen Kapitolstürmer-Mitbürger berichteten, konnte man sich ein ziemlich umfassendes Bild der mittler­weile Verhafteten machen, die, so geht es aus den oft gleich mitpublizierten FBI-Anklageschriften hervor, meistens praktischerweise selbst das sie nun schwer belastende Material lieferten.

Manche sind vielleicht wirklich ganz unbedarft in das Gebäude eingedrungen, im Vertrauen darauf, dass Präsident Donald Trump sie in seiner Rede kurz zuvor ja praktisch in das Kapitol eingeladen habe und dort auf sie warten werde. Aus Videos geht zudem hervor, dass kleinere Gruppen brav innerhalb der ­Absperrseile das wichtigste Gebäude der USA besichtigten und sich gegenseitig ermahnten, nichts kaputtzumachen. Und in ein paar Fällen bekommt man sogar fast Mitleid, wie bei einem jungen Mann, der sich bei seinem Bewährungshelfer ordnungsgemäß die Erlaubnis für eine Reise nach Washington am 6. Januar geholt hatte – offiziell, um dort Bibeln zu verteilen. Was er jedoch völlig vergaß: Er trug eine elektronische Fußfessel mit GPS-Sender, die anzeigte, dass er während der Ausschreitungen drei Stunden lang im Kapitol war. Mit dem Mitleid ist es aber völlig vorbei, wenn man dazu liest, dass er Mitglied einer Nazigruppe ist und irgendwann öffentlich gesagt haben soll, dass er gern ein lone wolf-Killer wäre, also jemand, der als Einzeltäter Terroranschläge verübt.

Aus den Akten geht übrigens auch hervor, dass erstaunlich viele der Verhafteten ihre Anklagen ehemaligen Mitschülern verdanken, die sie auf Bildern erkannten und ihre Namen und Adressen dem FBI meldeten.