Das von Alessandro Zan ini­tiierte Antidiskriminierungsgesetz ist im italienischen Senat gescheitert

Ungeniert diskriminieren

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»Glücklicherweise ist unser Land seiner politischen Klasse weit voraus«, sagte Alessandro Zan der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera in einem Interview vom 28. Oktober. Ansonsten haben der 48jährige Abgeordnete des sozialdemokratischen Partito Democratico und die italienische Bevölkerung nicht so viel Glück gehabt. Am Tag zuvor, dem 27. Oktober, war eine Abstimmung über die »Legge Zan« (Zan-Gesetz) im Senat, der zweiten Parlamentskammer, blockiert worden. Zan, ein offen homosexueller Politiker und Verfechter von LGBTI-Rechten, hatte jenes Antidiskriminierungsgesetz initiiert. Es sieht bis zu 18 Monate Haft für Diskriminierung und Aufrufe zur Diskriminierung gegen Homosexuelle, Lesben, Trans-, Inter- und Bisexuelle sowie Menschen mit Behinderung vor und bis zu vier Jahre Haft für Gewalt und Aufrufe zur Gewalt gegen denselben Personenkreis.

Das Abgeordnetenhaus, die erste Parlamentskammer, hatte der Legge Zan bereits am 4. November 2020 in erster Lesung zugestimmt, mit 265 Stimmen dafür und 193 dagegen. Im Senat hatte insbesondere die rechtspopulistische Partei Lega die Abstimmung immer wieder verzögert. Einen Antrag der Lega und ihrer Gesinnungsgenossen, der Fratelli d’Italia (FdI, Brüder Italiens), sich mit dem Gesetzentwurf nicht zu befassen, befürworteten in einer geheimen Abstimmung am 27. Oktober schließlich 154 Senatorinnen und Senatoren, 131 waren dagegen. Unter den 154 befanden sich allerdings nicht nur Mitglieder rechter Fraktionen. Ver­mutet wird, dass unter anderem Mitglieder der 2019 von Matteo Renzi gegründeten Partei Italia Viva mit den Rechten stimmten. Nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses jubelte die Rechte im Senat.

Die Debatte über den Gesetzentwurf war in Italien auch außerhalb des Senats erbittert geführt worden. Selbst der Vatikan hatte sich eingeschaltet und ließ seinen Sekretär für die Beziehungen mit anderen Staaten am 17. Juni eine diploma­tische Note an Italien überreichen, in der eine Änderung des Gesetzestextes gefordert wurde. Es war das erste Mal, dass sich der Vatikan auf diese Art in politische Belange Italiens einmischte.

Dass, wie Zan vermutet, die italienische Bevölkerung insgesamt progressiver ist als der Senat, bestätigen Umfragen. So ergab eine Befragung vom Juli, dass 63 Prozent der Italienerinnen und Italiener das Gesetz gutheißen.