In Uganda genügt ein Tweet, um verschleppt zu werden

Gefährliche Satire

Der ugandische Autor und Regimekritiker Kakwenza Rukirabashaija steht wegen »beleidigender« Tweets vor Gericht. Das autoritäre Regime Yoweri Musevenis reagiert auch auf harmlose Herausforderungen empfindlich.

Zumindest bleibt Kakwenza Rukiraba­shaija während des Prozesses in Freiheit. Der seit dem am 28. Dezember inhaftierte ugandische Autor, Regimekritiker und Menschenrechtler hatte am Freitag voriger Woche seine Freilassung auf Kaution beantragt, am Dienstag hat der Richter Douglas Singiza dem stattgegeben; Rukirabashaija wurde auf freien Fuß gesetzt.

Die Ermittlungsbehörde CID (Criminal Investigations Directorate) wirft Rukirabashaija »beleidigende« Tweets vor – die satirische Kritik an Präsident Yoweri Museveni und dessen Sohn, ­Generalleutnant Muhoozi Kainerugaba, des Kommandeurs der ugandischen Landstreitkräfte, ging dem Regime offenbar zu weit. Rukirabashaija hatte unter anderem getwittert: »Muhoozi hat riesige Hüften und Brüste. Er ist fettleibig. Wie kann ein Soldat, der eine echte Militärausbildung absolviert hat und jeden Tag trainiert, eine so schlaffe Figur haben? Gott bestraft die Korrupten auf eine gute Art und Weise, indem er sie mit einer dummen Figur kenntlich macht.«

Rukirabashaijas Anwalt Kiiza erwirkte am 4. Januar einen Gerichtsbeschluss, der dessen Freilassung verfügte, doch die Ordnungsbehörden weigerten sich, dem Folge zu leisten.

Um ein gewöhnliches Verfahren wegen Beleidigung handelt es sich nicht, auch sollte man dem Regime eher ­wenig Sensibilität beim Thema fat shaming unterstellen. Bereits im April 2020 war Rukirabashaija sieben Tage lang inhaftiert und gefoltert worden, nachdem er den satirischen Roman »Der gierige Barbar« über Korruption in einem fiktiven Land veröffentlicht hatte. Am 28. Dezember vorigen Jahres stürmten Bewaffnete in Zivil in sein Haus in Kisaasi, einem östlichen Vorort der Hauptstadt Kampala. Er konnte noch über Twitter berichten, dass die Männer, die sich gewaltsam Zugang zu seinem Haus verschafften, sich weder ausgewiesen noch einen Haftbefehl hätten vorweisen können. Rukirabashaija wurde an einen geheimen Ort gebracht, tagelang war sein Aufenthaltsort seinen Familienangehörigen und Anwälten sowie seinem Arzt unbekannt.

Anfang Januar wurde der Schriftsteller zu seinem Haus gefahren, angeblich, damit die Ordnungskräfte eine Hausdurchsuchung vornehmen konnten. »Ich war schockiert, ihn in so schlech­ter Verfassung zu sehen. Er hatte Wunden an den Beinen und Händen, er sah aus, als hätte er wochenlang nichts gegessen, er hatte schreckliche Schmerzen«, sagte Rukirabashaijas Frau Journalisten. Ihr Mann sei vor ­ihren Kindern gedemütigt worden und sie lebten nun in Angst.

Der ugandische Generalstaatsanwalt Kiryowa Kiwanuka sagte in der Radiosendung »Hot Seat«, Beschwerden der Anwälte Rukirabashaijas würden angehört und angemessen behandelt. In der gleichen Radiosendung warf Rukirabashaijas Anwalt Eron Kiiza dem Staat eklatante Menschenrechtsverletzungen vor. Er habe viele Haftanstalten aufgesucht, ohne seinen Mandanten zu finden. Mittlerweile ist bekannt, dass dieser im Gefängnis von Kitalya einsitzt.

Kiiza erwirkte am 4. Januar einen Gerichtsbeschluss, der die Freilassung ­Rukirabashaijas verfügte, doch die Ordnungsbehörden weigerten sich, dem Folge zu leisten. »Wir verurteilen diese illegalen Handlungen und Unterlassungen des Staates und der Sicherheitskräfte, die die Unabhängigkeit der Justiz, den Anwaltsberuf und die Rechtsstaatlichkeit in Uganda untergraben haben«, erklärte Pheona Wall, die Präsidentin der Uganda Law Society. Sie äußerte sich zudem besorgt über die Berichte, Rukirabashaija sei gefoltert worden.

Menschenrechtler und Oppositionspolitiker haben Rukirabashaijas Freilassung gefordert. Als die Aktivistin Nana Mwafrika Mbarikiwa zusammen mit Mitstreitern versuchte, eine entsprechende Petition an das ­Regionalbüro der ugandischen Menschenrechtskommission zu übergeben, rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an. Mbarikiwa wurde zusammen mit zwei Minderjährigen festgenommen.

Das Regime Musevenis reagiert empfindlich auch auf harmlose Herausforderungen. Nur mit Wahlmanipulationen und repressiven Maßnahmen ­gegen den populären Kandidaten Bobi Wine sowie dessen Wahlbündnis National Unity Platform konnte sich der seit 1986 regierende Präsident im Januar vorigen Jahres eine weitere Amtszeit verschaffen. Einen Monat später blockierte er die von der EU finanzierten Projekte der Democratic Governance Facility, die unter anderem faire Wahlen ermöglichen sollen; im August wurden 54 NGOs verboten. Viele Oppositionelle vermuten, dass der nunmehr 77jährige Museveni die Macht seinem Sohn Muhoozi Kainerugaba vererben will.

Entsprechend stellt auch ein Roman, der Korruption in einem fiktiven Land anprangert, eine Gefahr für das Regime dar. Rukirabashaija wurde voriges Jahr mit dem Pen-Pinter-Preis für internationale Schriftsteller mit Courage ausgezeichnet, das deutsche Pen-Zentrum ernannte ihn am 17. Januar zum Ehrenmitglied und forderte seine Freilassung.