Small Talk mit Sara Carlo über eine verhinderte Solidaritätsreise nach Rojava

»Wir wollten es nicht unversucht lassen«

Eine Internationale Arbeitsbrigade scheiterte Anfang Juni an der irakisch-syrischen Grenze bei dem Versuch, nach Rojava einzureisen. Die Grenze trennt die kurdische Autonomieverwaltung Rojava in Syrien und die Autonome Region Kurdistan im Irak. Die Gruppe bestand aus einigen Dutzend Menschen aus Nordamerika und Europa. Die Jungle World sprach mit Sara Carlo, einem Mitglied der Gruppe, über die geplante Reise und was sie damit bezweckten.
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Was können wir unter einer Internationalen Arbeitsbrigade (IA) verstehen?

Unsere Internationale Arbeitsbrigade ist ein strömungsübergreifender Zusammenschluss, der praktische Solidarität üben möchte und sich dem Gedanken des Internationalismus verbunden fühlt. Die IA steht in der Tradition sozialistischer, kommunistischer und anarchistischer Brigaden, wie etwa der von Kuba ausgehenden medizinischen Unterstützung bei humanitären Katastrophen oder auch kämpfender Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg.

Wie sollte euer Aufenthalt in Rojava aussehen?

Internationalistische Freundinnen und Freunde vor Ort haben uns eingeladen und ein Programm vor­bereitet, welches unter anderem Bildungseinheiten zum demokratischen Konföderalismus und Inter­nationalismus enthalten sollte. Geplant waren auch eine einwöchige Mitarbeit in einer Dorfkommune sowie Ausflüge zu bedeutsamen Orte der Revolution in Rojava.

Am vorvergangenen Wochenende haben euch am irakisch-syrischen Grenzübergang Peşhabur/ ­Sêmelka irakisch-kurdische Grenztruppen am Übertritt gehindert. Mit welcher Begründung?

Nach einer mehrstündigen Befragung zum Grund unseres Aufenthalts, bei der wir unser Vorhaben offen mitteilten, sah es zunächst überraschend gut aus. Es gebe keine Einwände, hieß es, wir bräuchten lediglich eine Erlaubnis der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien. Die hatten wir dabei. Dann mussten wir eine Liste mit unseren Namen und Berufen anlegen. Vermutlich diente das dem Zweck, Zeit zu schinden, bis sie weitere Anweisungen erhielten, das meinten zumindest unsere Freundinnen in Rojava. Letztendlich hieß es, unsere jeweiligen Botschaften sollen sich bei einem Ministerium melden, was sie natürlich niemals für uns tun würden. Deutschland hatte schon 2021 Menschen, die an der sogenannten Delegation for Peace and Freedom teilnehmen wollten, an der Ausreise gehindert. Die BRD schweigt zu dem derzeitigen Angriffskrieg der Türkei auf Rojava und verkauft weiter Waffen an die Türkei.

Der Grenzübergang in Sêmalka vom Irak nach Syrien war in der Vergangenheit geschlossen gewesen. Habt ihr damit gerechnet, dass ihr an der Grenze abgewiesen werdet?

Ja, haben wir. Dennoch, oder gerade deswegen, wollten wir es nicht unversucht lassen. Die Verweigerung unseres Grenzübertritts ist Teil des Embargos gegen die Region Rojava. Deshalb wollten wir diesen Versuch unternehmen, auch um damit die Öffentlichkeit zu erreichen. Ein erfolgreicher Grenzübertritt hätte einen Präzedenzfall geschaffen und es späteren Arbeitsbrigaden erleichtert.

Ist eure Reise nun vorbei?

Es gäbe als Alternative nur noch den illegalen Grenzübertritt. Da dieser aber wahrscheinlich mit Haftstrafen verbunden wäre, liegt unser Fokus eher darauf, die Öffentlichkeit zu informieren. Wir nehmen uns jetzt Zeit zur Selbstreflexion, zur Vernetzung und um zukünftige Handlungsstrategien zu entwickeln. Auch wenn es schade ist, dass wir unsere Freundinnen und Freunde nicht treffen können, stehen wir weiterhin im Kontakt und können Solidarität auch von dieser Seite der Grenze organisieren.