Homestory

Homestory #25

Homestory Von

BDS: Jahrelang hat Ihre Lieblingszeitung dieses Akronym ganz ordentlich in Klammern dahinter erklärt – jetzt ist das wohl nicht mehr nötig. Die Boykottbewegung gegen Israel (Boycott, Divestment and Sanctions), die wiedermal aufgrund der Documenta in Kassel in aller Munde ist, ist in Deutschland erst jahrelang ignoriert, dann heruntergespielt und schließlich, nachdem der Deutsche Bundestag seinen BDS-Beschluss 2019 verabschiedete, auch verteidigt worden. Jetzt kennt sie wirklich jeder.

Als Leser der Jungle World sind auch sie natürlich bestens informiert – und zwar nicht erst seit ein paar Jährchen, sondern bereits seit 2010, als BDS zum ersten Mal in einem Text in ihrer Lieblingszeitung erwähnt wurde. Mit »Pretty in Pink« war wiederum ein Text von 2012 betitelt, in dem die Pinkwashing-Kampagne gegen Israel das Thema war, eine Kampagne, die damals viel diskutiert wurde und eng mit BDS verbandelt war, heute aber weitestgehend vergessen ist oder eher keine Rolle mehr spielt. Mit Verballhornungen, Verharmlosungen oder Relativierungen der Shoah, wie man sie auch jetzt auf der Documenta und schon im Zuge der sogenannten ­Katechismus-Debatte erleben durfte, lässt sich öffentlichkeitswirksamer Stimmung gegen Israel machen als mit den netten, schicken Schwulen aus Tel Aviv.

Für die Documenta ist das aber auch alles nichts Neues: 2017 wollte Franco »Bifo« Berardi bei der Ausstellung ein Gedicht mit dem Titel »Auschwitz on the Beach« vortragen. Die neuen Juden laut Berardi: die Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken und an den Strand gespült werden. Jetzt gibt man sich in Deutschland ganz überrascht von den antisemitischen Karikaturen auf der diesjährigen Documenta, obwohl man es eigentlich hätte wissen können. Noch am Wochenende hieß es im ZDF, man habe Antisemitisches nicht entdecken können, im Magazin Monopol wurde kokett »Wo ist er denn nun, der Antisemitismus?« gefragt, und die Süddeutsche Zeitung lobte die Kasseler Schau dafür, dass auf ihr der »Gemeinschaftsgedanke gefeiert« werde. Jetzt sind sie fleißig damit beschäftigt, ihr Geschwätz von gestern zu relativieren. Dabei wäre schon die pure Tatsache, dass sich im Team der Documenta zuhauf BDS-Unterstützer tummeln, Anlass genug gewesen, sich nicht ganz so weit aus dem Fenster zu lehnen.

Mit einem Abo der Jungle World wäre ihnen das nicht passiert, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dann wüssten sie nämlich nicht nur über die antizionistische, antisemitische Ideologie der BDS-Anhängerinnen und -Anhänger Bescheid, sondern auch über deren Taktik. Die Redaktion ihrer Lieblingszeitung kann auf jeden Fall mit ein klein wenig Stolz von sich behaupten, nie BDS das Wort geredet zu haben – und nebenbei ein paar hübsche Headlines zum Thema produziert zu haben, die auch heute noch brandaktuell wikren: »Der Diskursraum wird irrer«, der Titel eines Textes über die »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit«, ist nur einer davon.